Radeberg. Achtung vor dem Leben haben – Martin Meltke hat das schon in früher Jugend zu seinem Motto gemacht. Nicht mal einer Stubenfliege würde der junge Mann etwas zuleide tun. Denn sinnlos töten kommt für ihn nicht infrage. Deshalb gefällt es Meltke gut, dass er für seinen Arbeitgeber jetzt an einem Verfahren tüftelt, das einmal viele Tierversuche überflüssig machen und so Mäusen, Hamstern und Co. das Leben retten soll.
Meltke ist 22 Jahre jung, hat ein Studium der Medizintechnik als Ingenieur abgeschlossen und sucht nun im Labor der Firma KET Kunststoff- und Elasttechnik in Radeberg mit Experimenten nach einer Lösung für die gestellte Aufgabe. Dazu druckt er mit einem Plotter kleine, von vielen winzigen Poren durchzogene, dreidimensionale Silikonplättchen. Und die haben es in sich.
„In diesen Silikonstrukturen sollen sich menschliche Stammzellen ansiedeln und dann ganz normal wachsen, ähnlich wie in unserem Körper“, erklärt Meltke. „Wenn das gelingt, kann man mit den Zellkulturen Medikamente, Chemikalien oder Kosmetik auf Verträglichkeit testen.“ Also herausfinden, ob sie zu allergischen Reaktionen führen oder etwa den Zellen schaden.
Tierversuche seien schon heute das letzte Mittel der Wahl für diese Tests, berichtet der junge Mann. Die Forscher prüfen Wirkstoffe und Chemikalien mit Zellkulturen in flachen Glasschalen. Doch das hat einen Nachteil: Die Zellen wachsen nur als zweidimensionale Schicht auf dem Boden der Schalen. „Das bildet Organe des Körpers nur ungenügend nach“, erklärt Meltke. „Und mindert die Aussagekraft der Versuche.“ Meltke, der sein Studium an der Berufsakademie Bautzen neben dem Job durchgezogen und als Jahrgangsbester abgeschlossen hat, will es nun besser hinkriegen.
Die Herausforderung dabei ist, die dreidimensionale Struktur der kleinen Silikonplatten so zu gestalten, dass die Zellen sich darin unbehindert und normal entwickeln. „Sie wachsen dann in alle Richtungen und behalten ihre natürlichen Eigenschaften“, so Meltke. „Die Tests werden aussagekräftiger.“
Wissen aneignen, Lösungen suchen, kreativ sein – auf diese Herangehensweise setzt der junge Mann. Meltke und seine Kollegen tüfteln an der Aufgabe gemeinsam mit einem Team der Uni Leipzig. Die Uni-Forscher kümmern sich um die menschlichen Stammzellen. Sie züchten sie im Labor und untersuchen, wie sie sich auf den Silikongittern entwickeln.
Das Projekt wird von der EU und vom Freistaat Sachsen gefördert. Die KET Kunststoff- und Elasttechnik mischt dabei nicht ohne Grund als Partner mit. Das Unternehmen habe „ein hohes Maß an Know-how in der Verarbeitung von festen und flüssigen Silikonen“, wie Geschäftsführer Gunter Böttcher sagt.
Ab und zu rockt der Ingenieur richtig ab
Der Mittelständler fertigt schon lange Spezialitäten für die Medizin, zur Wundauflage, für Beatmungsmasken oder die Stoma-Versorgung zum Beispiel. Oder etwa ein unscheinbares, aber ausgeklügeltes Teil, mit dem Operationsfäden vor dem Vernähen der Wunden automatisch glatt gezogen werden.
Die 43 Beschäftigten der KET stellen die Spezialitäten im Dreischichtbetrieb aus Silikon, Gummi oder Kunststoff her. Eigens für die Medizinprodukte hat das Unternehmen einen „Sauberraum“ eingerichtet, wo sie in staubfreier Umgebung sicher verpackt werden, sowie einen „Reinraum“, in dem streng hygienisch produziert wird.
Ohne Fachleute geht dabei gar nichts. „Sie sind unser größter Schatz“, sagt Geschäftsführer Böttcher. Und meint damit auch Meltke. Der blieb mit dem Job in Radeberg der Heimat treu. Sowie seiner Band. Mit der rockt er hin und wieder am Feierabend richtig ab.
Persönlich
Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Technik, Physik und Mathe haben mich schon immer interessiert. Zudem waren Studien- und begleitender Arbeitsplatz nicht weit von zu Hause entfernt.
Was reizt Sie am meisten?
Unsere Fertigungstechnologie ist noch recht jung. Das lässt sehr viel Raum, bei Problemen eigene Lösungen zu entwickeln.
Worauf kommt es an?
Sich ständig das nötige Wissen anzueignen, komplexe Aufgaben als Herausforderung anzusehen und kreativ zu sein.