Familie – das bedeutet auch, unterschiedliche Charaktere unter einem Dach zu vereinen, die sich gegenseitig ergänzen und bestärken. So ist es auch bei der „Paper Family“, zu der sich die Unternehmen MAY+SPIES, Reflex und Römerturm zusammengeschlossen haben: Die drei Traditionsunternehmen wollen eine starke Gemeinschaft sein, die von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt alles aus einer Hand anbietet.

Gemeinsam wollen die Firmen von der Papierherstellung (Reflex) über die Papierverarbeitung (MAY+SPIES) bis in den Handel (Römerturm) alle Schritte der Wertschöpfungskette abdecken. Wie das genau funktioniert, hat sich aktiv bei MAY+SPIES in Düren angeschaut, das im Zentrum der Familie steht.

Die drei Unternehmen liegen nicht weit voneinander entfernt

Am Anfang der Kette steht die Papierfabrik Reflex, ebenfalls aus Düren. Sie liefert den Rohstoff für vieles, was bei MAY+SPIES weiterverarbeitet wird. Und das ist jede Menge: handgerändertes Trauerpapier, Briefumschläge in jeder Größe und Farbe, Etiketten, Blöcke, Spezialpapier und Drucksachen. Das dritte Familienmitglied, der Kerpener Papiergroßhandel Römerturm, bereichert die Familie als Feinpapierspezialist, etwa mit Museumskarton. Viele Jahre lang produzierten die Firmen jede für sich feinstes Papier. Dabei lag es im Wortsinne nahe, sich zu einem großen Ganzen zu verbünden, denn sie liegen nur etwa 50 Kilometer voneinander entfernt. 

Tatsächlich ist MAY+SPIES seit 2015 Mitgesellschafter bei Reflex, Römerturm wurde dann 2024 übernommen. Papierherstellung und -verarbeitung aus einer Hand: Das gibt es in der Branche so gut wie nie. „Es war auch ein bisschen Übermut bei dieser Entscheidung dabei, aber das Momentum war einfach da“, erzählt Dr. Heinrich Spies, der das Familienunternehmen in dritter Generation führt. „Ich bin mit Papier groß geworden. Es hat mich daher schon gereizt, eine Papierfabrik zu besitzen.“

Unter dem Dach der Paper Family sind 330 Mitarbeiter beschäftigt, die Produkte werden weltweit verkauft. Papierhersteller Reflex liefert nicht nur den Rohstoff, sondern ist auch spezialisiert auf Transparentpapier, mit dem aromadicht verpackt werden kann. MAY+SPIES wiederum ist auf vier Kernfeldern tätig: Feinpapiere und Umschläge, Trauerpapiere, Künstlerpapiere und Etiketten. Und Römerturm steuert neben hochwertigen Feinstpapieren auch Spezialpapier für Museen, Galerien und Archive bei. „Durch diesen Mix bedienen wir viele unterschiedliche Felder und sind nicht darauf angewiesen, stets mit einem einzelnen Produkt am Markt bestehen zu müssen.“ So erklärt Unternehmer Spies die Erfolgsstrategie.

Der Trauerrand wird per Hand aufgetragen

Die größere Familie ermöglicht nicht nur einen breiteren Marktauftritt, sondern sichert indirekt auch jedem einzelnen Mitglied das Überleben. Denn: „Papier ist in Deutschland zum Problemfall geworden“, betont Spies, „weil die Energiekosten so hoch sind. Die Erzeugung ist sehr teuer. Mit der Beteiligung an Reflex haben wir uns unsere eigene Rohstoffquelle gesichert.“

Das älteste Produkt, das MAY+SPIES schon seit mehr als 100 Jahren herstellt, sind handgeränderte Trauerkarten und -kuverts. Dafür muss das Papier in einer ganz bestimmten Weise aufgefächert werden, anschließend wird es mit einem breiten Pinsel auf der Vorder- und Rückseite zweimal mit schwarzer Farbe bestrichen und mit Schellack versiegelt. Wichtig ist, dass der Rand immer gleich breit wird.

Die Genauigkeit und Geduld dafür haben nur wenige Mitarbeiterinnen, tatsächlich sind es ausschließlich Frauen. „Hektik ist hier fehl am Platz, denn wir haben einen sehr hohen Qualitätsanspruch“, sagt Betriebsleiter Jens Freyholdt. Er hat seine Karriere bei MAY+SPIES übrigens vor fast 30 Jahren mit der Ausbildung zum Drucker begonnen.

Carmen Otto ist noch länger in der Firma, sie besitzt die nötige Geduld und arbeitet seit zehn Jahren als sogenannte Ränderin. Sie sagt dazu: „Ich bastle gerne und habe ein ruhiges Händchen, mir macht das Spaß. Es ist eine schöne, beinahe künstlerische Aufgabe.“ Wie das genau funktioniert, können Sie auf aktiv-online.de in einer eigenen Reportage nachlesen.

Eine junge Frau wird Maschinenführerin

Eine andere Stütze des Unternehmens könnte Germaine Floris werden, die als erste Frau die Ausbildung zur Maschinen- und Anlagenführerin absolviert. aktiv findet sie an einer Maschine zur Umschlagherstellung, die Floris mit speziellem Werkzeug bedient. „Sie macht das super“, lobt Freyholdt, „wir sind sehr froh, dass wir sie bei uns haben.“

In den Hallen gibt es noch viel mehr zu sehen. Maschinenführer Christian Büll etwa stellt gerade selbstklebende Etiketten her; auch aufwendig bedruckte Etiketten für Süßigkeitenverpackungen werden hier gemacht. Eugen Rese stellt Stanzlinge in unterschiedlichen Größen her, die dann zu den Ränderinnen gebracht oder zu Briefumschlägen weiterverarbeitet werden. In einer anderen Abteilung verpackt Daria Wedrowska hochwertige Künstlerblöcke sicher für den Weitertransport.

So trägt jeder für sich zum großen Ganzen bei – wie es in einer Familie sein soll.

Tanja Wessendorf
aktiv-Redakteurin

Tanja Wessendorf berichtet für aktiv aus der Industrie und schreibt über Verbraucherthemen. Sie studierte in Berlin Politikwissenschaft und volontierte in Hamburg bei der Tageszeitung „Harburger Anzeigen und Nachrichten“. Seit 2008 arbeitet sie als Redakteurin, viele Jahre in der Ratgeber-Redaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“, aber auch beim TV-Sender Phoenix. Privat liebt sie alles, was schnell ist: Kickboxen, Eishockey und laufen mit ihrem Hund. 

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