München. Einfach mal kurz das Internet löschen. Uns zurückkatapultieren in die Welt von Schreibmaschine, Briefpapier und Videokassetten. „Stoppt Dr. Gauss“ ist das Motto eines Wettbewerbs, bei dem Studenten einen imaginären Schurken schnappen müssen, der genau das versucht.
Die digitale Verbrecherjagd des Münchner Elektronikkonzerns Rohde & Schwarz ist mehr als nur ein Spiel: Der Spezialist für drahtlose Kommunikationstechnik gewinnt damit Nachwuchs – und mancher Teilnehmer am Ende sogar einen Job. Wie Lukas Wörle.
Erst Sieger – jetzt Entwickler in der Firmenzentrale
Der Informations- und Kommunikationstechniker aus Weilheim war als Student im Siegerteam. Heute entwickelt der 31-Jährige in der Unternehmenszentrale Software für den digitalen Funkverkehr.
„Ich plane nicht so viel, lebe lieber im Jetzt“, sagt Wörle, „so hab ich den Kopf frei für das, was ich gerade mache.“ Im Anschluss ans Abi war das erst mal der Zivildienst. Wörle, der Älteste von fünf Geschwistern, wurde Hausmeister im Kloster, kümmerte sich um den Gemüsegarten. Im vierten Semester an der Uni erzählte ihm ein Freund von der „Engineering Competition“ von Rohde & Schwarz. Wörle machte mit – und gewann!
„Eigentlich war alles viel zu früh“, sagt er rückblickend. „Damals habe ich mir noch keine Gedanken um den Job gemacht.“ So ging’s zunächst zurück an die Hochschule. Man blieb aber in Kontakt. Es folgten Praktikum, Auslandssemester und im Anschluss eine Stelle als Werkstudent bei Rohde & Schwarz. Wörle: „Die hatte ich irgendwie immer im Hinterkopf.“
Der Student schlug zwei Fliegen mit einer Klappe und schrieb in der Firma gleich seine Studienarbeit: „Ein prima Vorschlag von meinem Chef.“ Der rief ihn an, als wenig später eine Stelle in der Abteilung frei wurde. „Wir kannten uns schon“, so Wörle „und wussten beide, dass es passt.“
Fälle wie diese sind nicht ungewöhnlich in dem Betrieb, der die Nachwuchssicherung mal ganz anders angeht. Mit „Recruitainment“, der Mischung aus Bewerbersuche und spielerischem Element, trifft er den Nerv der „Digital Natives“. Das ist jene Generation, die mit Smartphone und PC aufgewachsen und jetzt auf Jobsuche ist. Man wolle „Leute mit Biss, die dranbleiben, wenn es ein Problem zu lösen gibt“, sagt Hans Knapek, der Personalleiter von Rohde & Schwarz. Solche Kandidaten lernt der Konzern in seinem Wettbewerb kennen. Jedes Jahr kommen dazu auch Studenten aus dem Ausland, etwa aus den USA, der Schweiz und Singapur.
Wer die Aufgabe löst, sammelt Punkte
Die Aktion sei kein Ersatz für die klassische Personalauswahl, betont Knapek. Die finde mit der üblichen Gründlichkeit statt. Doch wer die knifflige Aufgabe löst, kann Pluspunkte sammeln: „Er zeigt, dass ihn die Technik anspricht und er sich mit dem Unternehmen beschäftigt hat.“
Ein halbes Dutzend fester Arbeitsverhältnisse habe sich in den vergangenen Jahren so entwickelt, Praktikanten nicht mitgezählt. Knapek ist überzeugt: „Manchen Bewerber hätten wir beispielsweise ohne Dr. Gauss nicht kennengelernt.“
Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Programmieren habe ich mir selbst beigebracht. Freunde hatten mir einen alten Computer geschenkt. In meiner Familie hatte niemand was mit Technik zu tun.
Was reizt Sie am meisten?
Das Reisen. Zwischen Studium und Beruf war ich drei Monate in Südamerika, von Chile bis Peru und dann weiter nach Kuba.
Worauf kommt es an?
Am wichtigsten ist, dass man gern zur Arbeit geht. Schließlich verbringt man mit den Kollegen mehr Zeit als zu Hause.