Ludwigshafen. Die Launen der Natur halten Landwirte und Gärtner in Atem: Mal ist es zu heiß, mal zu kalt, zu trocken oder zu nass. Zum Glück hilft die Chemie-Industrie mit Acker- und Gewächshausfolien dabei, die Wetterkapriolen auszugleichen. Künftig liefert der Chemiekonzern BASF sogar digitale Daten, um Anbau und Ernte zu optimieren.
Mit Foliengewächshäusern überlistet zum Beispiel Obstbauer Frederik Kerlen von Gut Warleberg in Neuwittenbek (Schleswig-Holstein) die Natur. Geschützt durch 100 Meter lange Tunnel reifen seine Erdbeeren früher. „So können wir die Saison mit speziellen Sorten und früherer oder verzögerter Ernte auf etwa 12 bis 14 Wochen strecken“, erklärt der Obstbauer. „Im Freien wäre nach vier bis sechs Wochen Schluss.“
Schon sehr früh trickste Karl Lambrich, ein cleverer Landwirt aus Gau-Algesheim in Rheinland-Pfalz, Petrus mithilfe einer schwarzen Folie aus. Die legte er auf seine Spargelfelder. Sie absorbiert das Sonnenlicht, wärmt so das Gemüse und lässt es schneller wachsen. „Mein Großvater kam als Erster auf die Idee, die Stangen wurden butterzart“, erinnert sich Enkel Thomas Hemmes. In seinem Obstladen hängt ein Porträt von Karl. „Leider hat er sich die Idee nicht patentieren lassen“, bedauert Hemmes. Heute ist „Spargelfolie“ aus Polyethylen (PE) unverzichtbar, will man mit der Konkurrenz mithalten. Sie punktet mit einer schwarz-weißen Beschichtung: Die dunkle Seite wärmt, die helle reflektiert hingegen die Sonnenstrahlen. Das verzögert das Wachstum und verbessert die Qualität des Spargels, wenn die Stangen zu schnell schießen.
Mit Folie lassen sich die Erträge besser steuern und gleichmäßigere Ernten erzielen. Zudem erhöht sich die Ausbeute um 10 bis 20 Prozent, das haben Experten des Chemieriesen BASF in Ludwigshafen herausgefunden. „Folie schützt auch vor Unkraut, man braucht weniger Herbizide“, weiß Hemmes.
Mittlerweile nutzen Landwirte Kunststoffe als Gewächshaus-, Mulch- und Silagestretchfolien, Silageplanen, Rohrleitungen für Tropfenbewässerung, Netzgewebe und Vliesstoffe. Letztere werden im Frühjahr als Frostschutz auf Erdbeerfeldern genutzt.
Zehn bis zwölf Jahre hält das Plastik, danach lässt es sich zu Müllsäcken oder Bauplanen verarbeiten. Alternativ hat BASF einen Kunststoff für bioabbaubare Mulch-Folien (ecovio) entwickelt: Sie beschleunigen nicht nur das Wachstum, sondern halten auch Wasser im Boden zurück. Man pflügt sie nach der Ernte mit den Pflanzenresten unter.
Sensoren messen Feuchte und Nährstoffe im Boden
Ein anderer starker Helfer sind Daten: Traktoren und landwirtschaftliche Geräte verfügen heute über GPS-Systeme, auf den Feldern messen Sensoren Feuchtigkeit und Nährmittelgehalt des Bodens. Bauern stimmen den Einsatz von Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln damit aufeinander ab.
„Mit revolutionären Technologien wie dem Digital Farming werden Chemie-Unternehmen neue Geschäftsideen entwickeln“, schwärmt Werner Rieche, Geschäftsführer der Software AG Deutschland. BASF schreitet hier bereits mit dem Kauf des Software-Spezialisten ZedX kräftig voran. Das US-Unternehmen entwickelt agronomische Modelle zu Wetter, Pflanzenwachstum und -befall. So ist zum Beispiel die Wirkung von Pflanzenschutzmitteln von Wetterkonditionen, Bodentemperatur oder der Windgeschwindigkeit abhängig.
Aktuelle Infos sollen Landwirten künftig bei ihren Anbauentscheidungen helfen. „Wir suchen immer nach neuen Möglichkeiten und Wegen, die Digitalisierung zum Vorteil unserer Kunden zu nutzen“, sagt Jürgen Huff, Senior Vice President, Global Strategic Marketing, BASF Crop Protection. Er freue sich, „Landwirten innovative Produkte und Dienstleistungen bedarfsgerecht anbieten zu können“.