München/Augsburg. Roboter und Computer, die denken und handeln wie ein Mensch, das ist (noch) Science-Fiction. Lernende Systeme, die eigenständig Probleme lösen und uns bei kniffligen Aufgaben unterstützen – sie sind bereits Realität! Autonomes Fahren, Smarthome und Robotik: Künstliche Intelligenz (kurz KI) begegnet uns an vielen Stellen. Auch im Alltag, etwa bei Suchanfragen im Internet oder wenn wir digitale Assistenten wie „Siri“ und „Alexa“ nach dem Wetter fragen.

Maschinen lernen und werden schlau

Mit Hochdruck wird an neuen Anwendungen gearbeitet, hinter denen immer schlauere Algorithmen stehen. Der Freistaat liegt gut im Rennen. Doch er muss weiter in die neuen Technologien investieren und „sich eine Spitzenposition erarbeiten“, stellt der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft fest. Und zwar gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie jetzt! Das Gremium analysiert seit mehreren Jahren die für Deutschland und Bayern prägenden Technik-Trends. Innovation mache den Standort widerstandsfähiger, so die Experten, auch gegen Krisen wie die Corona-Pandemie.

Doch die Technologie, die schon an vielen Stellen Ressourcen spart und Produktionsabläufe verbessert, hat bei uns noch einen weiten Weg vor sich: Das zeigt der neue „KI-Monitor“, den das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln mit dem Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) erstellt hat.

Die Wirtschaft ist in Deutschland der größte Treiber für den Fortschritt in Sachen KI – während sich die Politik eher selten mit dem Thema beschäftigt. Immerhin: Die digitale Infrastruktur hat sich positiv entwickelt. Und immer mehr junge Menschen machen heute einen Abschluss in Informatik.

Mensch und Technik, das ist kein Wettlauf. Es braucht beides, um komplexe Herausforderungen gemeinsam besser zu bewältigen. Wer sich umschaut, findet viele Beispiele, wie sich Mensch und KI sinnvoll ergänzen: Algorithmen wachen etwa aus der Ferne über Gaskraftwerke, regeln unser Stromnetz und den Verkehrsfluss in den Städten. Ärzten helfen sie bei der Diagnose, auf dem Bauernhof berechnen sie das Futter für die Kühe.

KI hilft auch in der Industrie

Und in der Industrie? Da kommen die intelligenten Systeme Fehlern in der Produktion auf die Schliche und beschleunigen die Entwicklung neuer Produkte. KI verknüpft und sichtet dabei jede Menge Daten, lernt laufend dazu und liefert am Ende neue Erkenntnisse, die uns Menschen wiederum als Grundlage für Entscheidungen dienen.

Laut IW-Studie nutzten im Herbst 2019 rund 10  Prozent der deutschen Industrieunternehmen KI, im Frühjahr 2020 waren es bereits fast 13  Prozent. Zudem stieg die Anzahl an KI-Patenten – die Betriebe forschen also auch selbst und bringen die Technologie voran.

Beispiel Luftfahrt. Hier hilft KI, die hohen Anforderungen in der Qualitätssicherung zu erfüllen. Zum Beispiel beim Prüfen von Flugzeug-Rumpfschalen. Die manuelle Auswertung von Ultraschall-Aufnahmen war bisher äußerst zeitaufwendig und anstrengend für die Mitarbeiter. Hersteller Premium Aerotec in Augsburg (weltweit 10.000 Mitarbeiter) hat ein lernendes Bild-Erkennungssystem auf Basis von KI entwickelt. Es spürt Materialfehler automatisch auf. Auch Fehler in der Herstellung von Faserverbundteilen werden mit KI vermieden.

Ein anderer Algorithmus sagt rechtzeitig Werkzeugbrüche beim Zerspanen von Titan voraus, sodass noch Zeit zum Abschalten der teuren Anlagen bleibt. Der Nutzen wurde dem Unternehmen schnell klar: Schritt für Schritt will es KI auch in Fertigung, Materialfluss und Logistik integrieren.

Diesem Beispiel folgen viele. Nach einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte sehen vier Fünftel der deutschen Firmen in künstlicher Intelligenz eine wichtige Stellschraube für ihre Wettbewerbsfähigkeit.

KI ist Schlüssel und Treiber der Digitalisierung zugleich und öffnet neue Märkte. Die Fraunhofer-Gesellschaft erwartet bis 2025 weltweit rund 37 Milliarden Euro Erträge mit KI-Technologien. Die Technik ist da, man muss sie nur noch stärker in die Breite tragen. Rund ein Viertel der Betriebe in Bayerns Metall- und Elektro-Industrie setzt maschinelles Lernen ein, ergab eine Umfrage der Metall- und Elektroarbeitgeberverbände bayme vbm. Bei den Weltklassepatenten im Bereich KI steht Bayern global auf Platz elf, ergab zudem die Verbandsstudie „TechCheck 2019. Erfolgsfaktor Mensch“.

Der Staat unterstützt den Wandel. Die Bundesregierung stellt bis 2025 3 Milliarden Euro bereit, um Deutschland und Europa zu einem führenden Standort für KI zu machen. „Allerdings gibt es immer noch einige Hemmnisse“, betonen die Autoren der IW-Studie. So stelle beispielsweise fehlende Rechtssicherheit eine Herausforderung für den KI-Einsatz in Unternehmen dar. „Es ist klar, dass Regeln notwendig sind. Aber diese Regeln müssen so entwickelt werden, dass sie Freiraum lassen für Innovationen.“

Der Freistaat fördert KI mit seiner Hightech-Agenda, schuf ein Netzwerk für „Künstliche maschinelle Intelligenz“ und stärkt die Forschung mit 100 Hochschul-Professuren.

Mit Digitalisierung wachsen Umsatz und Beschäftigung

Angesichts des demografischen Wandels werden intelligente Roboter und Assistenzsysteme zunehmend wichtiger. „Es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass sich der digitale Wandel von früheren Umbrüchen unterscheidet und keine Arbeit übrig bleibt“, betont die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) in einem Positionspapier. Im Gegenteil: Ein internationaler Vergleich zum Einsatz von Industrierobotern zeigt, dass die Arbeitslosigkeit gerade in jenen Ländern niedriger ist, die verstärkt auf modernste Technologien setzen. Das gelte nicht nur für Roboter. In stärker digitalisierten Betrieben wachsen sowohl der Umsatz als auch die Beschäftigung kräftiger, so eine eigene Erhebung der Verbände.

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