Berlin. Mit voller Wucht hat Corona Deutschlands bedeutendsten Industriezweig Metall und Elektro getroffen. Und in den letzten Wochen hat sich die Lage für die M+E-Betriebe noch weiter zugespitzt: „Sie ist sehr, sehr ernst.“ Das betonte Oliver Zander, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall. Er sprach in einer Live-Schalte mit Vertretern der Wirtschaftspresse über die Ergebnisse der zweiten Gesamtmetall-Blitzumfrage unter den Unternehmen.

Auch wenn die Fabriken nun Schritt für Schritt ihre Produktion wieder vorsichtig hochfahren: Das Jahr 2020 dürfte für die M+E-Branche zu einer extremen Belastungsprobe werden.

Deutliche Verschärfung der Krise in den letzten Wochen

Die Umfrage, an der sich Anfang Mai rund 1.400 Unternehmen mit insgesamt 760.000 Beschäftigten beteiligt haben, zeigt im Vergleich zur ersten Umfrage im April eine deutliche Verschärfung der Krise. Inzwischen sind fast alle M+E-Unternehmen (gut 91 Prozent) durch die Corona-Pandemie in ihrer Produktion betroffen. 44 Prozent melden sogar „sehr starke“ oder „starke“ Einschränkungen. Im April lag dieser Wert erst bei 31 Prozent.

Hauptgrund für stillstehende Maschinen und Anlagen ist die deutlich gesunkene Nachfrage: Acht von zehn Unternehmen führen das Zurückfahren ihrer Fertigung darauf zurück. Erst mit großem Abstand folgen andere Ursachen – etwa fehlende Teile von Zulieferern oder nötige Corona-Schutzmaßnahmen im Betrieb.

M+E-Betriebe befürchten im Schnitt, dass sie 24 Prozent weniger umsetzen als 2019

Logische Folge: ein Einbruch des Geschäfts. 84 Prozent der Unternehmen rechnen für dieses Jahr mit einem Umsatz-Minus. Besonders betroffen ist die Auto-Industrie, da erwarten 96 Prozent der Firmen – also fast alle – einen Rückgang der Erlöse. Als „Horrorzahl“ bezeichnete Zander das durchschnittlich erwartete Minus: So befürchten die M+E-Unternehmen im Schnitt, dass sie in diesem Jahr 24 Prozent weniger umsetzen werden als 2019.

Allerdings gebe es auch „eine gute Nachricht“, so Zander weiter: „Die Unternehmen versuchen weiterhin, ihre Beschäftigten zu halten.“ Dies ginge freilich auf Kosten der Liquidität, die Unterauslastung verschlingt viel Geld. Dass die Betriebe das hinnehmen – vorausgesetzt, sie können es finanziell stemmen – zeuge vom „Vertrauen in eine Erholung“.

Schon über 1,5 Millionen Metaller in Kurzarbeit, Tendenz steigend

Dass noch fast alle Mitarbeiter an Bord sind, liegt vor allem an der von der Bundesagentur für Arbeit finanzierten Kurzarbeit, die sich schon in der Finanzkrise 2008/2009 bewährt hat: 60 Prozent der M+E-Betriebe machen davon derzeit schon Gebrauch, inzwischen sind über 1,5 Millionen Metaller in Kurzarbeit, fast 40 Prozent aller Mitarbeiter.

Weitere 21 Prozent der Firmen planen, die Kurzarbeit ebenfalls zu nutzen, sodass mit 420.000 weiteren M+E-Kurzarbeitern zu rechnen ist – damit wäre dann jeder zweite Beschäftigte betroffen. Zum Vergleich: In der Finanzkrise gab es als Höchststand im April 2009 „nur“ 950.000 M+E-Kurzarbeiter.

Baldige Erholung nur durch ein Konjunkturprogramm – etwa eine Autoprämie

Damit sich die Krise nicht noch weiter verschärft, braucht es Schützenhilfe von der Politik. Angesichts der fehlenden Nachfrage könne ein Konjunkturprogramm durchaus sinnvoll sein, erläutert Zander. Das könne auch eine Auto-Prämie sein. An der Kfz-Industrie hängen schließlich zahlreiche andere Branchen – etwa die Chemie, Maschinenbauer, Textilbetriebe und das Transportgewerbe.