Die neue Bundesregierung ist im Amt – und kann beginnen, die vielen Vorhaben des Koalitionsvertrags von CDU/CSU und SPD umzusetzen. Gleich im ersten Kapitel geht es um die Wirtschaft: „Wir wollen Industrienation und Mittelstandsland bleiben, KI- und Gründer-Nation werden und die Weichen wieder auf Wachstum stellen.“ Das weckt große Erwartungen. aktiv hat sich angeschaut, wie das genau funktionieren soll.

  1. Steuern: Im internationalen Vergleich sind die Unternehmensteuern in Deutschland sehr hoch. In anderen Industriestaaten bleibt Unternehmen also mehr vom Gewinn in der Kasse, was beim Investieren hilft. Weil höhere Investitionen – nicht zuletzt in Forschung und Entwicklung – dringend nötig sind, will die nächste Regierung die Steuerlast für Unternehmen nun endlich senken: zunächst mit einem „Investitions-Booster“, der steuerliche Abschreibungen für Ausrüstungsinvestitionen in Höhe von 30 Prozent in den Jahren 2025, 2026 und 2027 möglich macht. Ab 2028 sollen dann die Unternehmensteuern von derzeit insgesamt rund 30 auf rund 25 Prozent sinken, pro Jahr um einen Prozentpunkt. „Die verbesserten Abschreibungen sind ein wichtiges Signal“, lobt Tanja Gönner, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). „Sie entfalten sofort einen starken Investitionsimpuls und schieben somit Ausrüstungsinvestitionen in den kommenden zwei Jahren an.“
  2. Bürokratie: Sie ist für viele Betriebe das Wachstumshemmnis Nummer eins! Auch hier packt die schwarz-rote Koalition an. Unternehmen dürfen sich darauf freuen, dass einige lästige Regeln wegfallen: Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz zum Beispiel will man sofort abschaffen. Es soll ersetzt werden durch ein Gesetz, das lediglich die verpflichtende EU-Lieferkettenrichtlinie umsetzt – aber „bürokratiearm und vollzugsfreundlich“. Auch in anderen Bereichen will man die „nationale Übererfüllung von EU-Vorgaben“ beseitigen: etwa bei manchen Statistikpflichten, denen Unternehmen bislang nachkommen müssen. Und direkt nach Regierungsantritt sollen per „Sofortprogramm“ Vorgaben für die Bestellung von Betriebsbeauftragten entfallen.
  3. Arbeitszeit: Dieses Vorhaben im Koalitionsvertrag wird spannend für alle Beschäftigten: „Wir wollen im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit schaffen.“ Genau das fordern Wirtschaftsverbände schon lange! „Die Einführung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit entlastet Unternehmen und bietet Beschäftigten mehr Flexibilität“, urteilt Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA).
  4. Energiekosten: Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrieunternehmen leidet auch unter den hohen Energiekosten. Und auch da soll es besser werden: „Wir wollen Unternehmen und Verbraucher in Deutschland dauerhaft um mindestens 5 Cent pro Kilowattstunde entlasten“, heißt es im Koalitionsvertrag. Dafür will man als Sofortmaßnahme die Stromsteuer senken sowie Umlagen und Netzentgelte reduzieren. Speziell den energieintensiven Unternehmen soll außerdem „eine besondere Entlastung (Industriestrompreis)“ helfen.
  5. Infrastruktur und Verteidigung: Einem 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für Infrastruktur hatte ja noch der alte Bundestag zugestimmt – ebenso wie der Abschaffung der Schuldenbremse bei den Verteidigungsausgaben. Dieses Geld will die Koalition nun zügig investieren. Dazu sollen Planung und Genehmigung, Beschaffung und Vergabe beschleunigt werden.

Auch wenn diese und weitere Punkte der Wirtschaft Hoffnung machen: Einiges vermissen Experten auch, etwa eine gründliche Reform der teuren Sozialversicherungen. „Der Koalitionsvertrag lässt leider jegliche Anstrengungen vermissen, das Ausgabenwachstum in der Rentenversicherung zu begrenzen“, warnt Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

Und ob wirklich alles so kommt, wie es jetzt geplant ist, bleibt offen. Denn auf Seite 51 heißt es: „Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrags stehen unter Finanzierungsvorbehalt.“

Michael Aust
aktiv-Redakteur

Michael Aust berichtet bei aktiv als Reporter aus Betrieben und schreibt über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach seinem Germanistikstudium absolvierte er die Deutsche Journalistenschule, bevor er als Redakteur für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Mitarbeiter-Magazine diverser Unternehmen arbeitete. Privat spielt er Klavier in einer Band. 

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