Wie viele potenzielle Mitarbeiter dem Arbeitsmarkt tatsächlich zur Verfügung stehen, hängt direkt auch von der Zahl der Kinderbetreuungsplätze ab. Denn: Je mehr Kinder etwa eine Kita besuchen und dort gut betreut sind, desto mehr Eltern können in dieser Zeit ihrem Job nachgehen – zumal viele Eltern, meist Mütter, aufgrund fehlender frühkindlicher Betreuung gar nicht arbeiten. Ob der künftige Anspruch auf Ganztagsbetreuung für die Grundschulkinder hier Besserung bringen und berufstätige Eltern entlasten wird, ist jedoch fraglich.

Bundesweit fehlen 306.000 Kitaplätze für Kinder bis drei Jahre

Ganz grundsätzlich besteht in Deutschland in puncto Kinderbetreuung ein gravierendes Problem. Beispiel Kleinkind-Betreuung: Obwohl Eltern bereits seit dem Jahr 2013 einen Rechtsanspruch auf Betreuung ihrer Kinder im Alter zwischen ein und drei Jahren haben, fehlen bundesweit rund 306.000 Kitaplätze allein in diesem Bereich. Das zeigt eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft aus Köln (IW). Das heißt rechnerisch: Für 14 Prozent aller Kinder unter drei würde an sich ein Betreuungsplatz benötigt, den es aber gar nicht gibt.

Betreuung an Grundschulen ist in anderen EU-Ländern Standard

Auch wenn der Nachwuchs in die Schule kommt, treten viele Eltern im Job weiterhin kürzer. IW-Experte Wido Geis-Thöne stellt fest: „Die Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter ist bei uns ein zentraler Engpass. In vielen anderen EU-Staaten ist sie Standard.“ Ab dem Schuljahr 2026/2027 tritt zwar schrittweise der bundesweite Rechtsanspruch in Kraft – „allerdings erscheint noch fraglich, ob er tatsächlich flächendeckend voll erfüllt wird“, so Geis-Thöne. Denn: In vielen Bundesländern fehlt es schlicht an Räumen und vor allem: Personal. Indes arbeiten hierzulande zwei von drei Müttern in Teilzeit – doppelt so viele wie im EU-Schnitt. Nur in den Niederlanden und in Österreich sind die Zahlen noch höher.

Nur 25 Millionen Bundesbürger arbeiten Vollzeit

Insgesamt arbeiten derzeit nur rund 25 Millionen Bundesbürger Vollzeit, laut aktuellen Zahlen vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Das sind sogar 160.000 weniger als vor einem Jahr. Die Zahl der Teilzeitkräfte ist dagegen um 190.000 gestiegen – insgesamt sind es gegenwärtig etwa 17 Millionen.

An den Grundschulen kommt es jetzt darauf an, ob dort genügend Nachmittagsangebote aufgebaut werden können. Und: Betreuung ist nicht gleich Betreuung. Wichtig sei auch die pädagogische Qualität, gibt Geis-Thöne zu bedenken: „Werden die im Unterricht erworbenen Fähigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen nicht ausreichend eingeübt, müssen sich die Eltern entsprechende Zeitfenster freihalten“ – sprich, sie können wieder nicht ihre Arbeitszeit voll aufstocken.

Barbara Auer
aktiv-Redakteurin

Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Baden-Württemberg vor allem über die Chemieindustrie. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.

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