Offenbach. Täglich greifen wir zur Seife, waschen uns die Hände oder seifen uns von Kopf bis Fuß ein. Da gibt es duftige Varianten, neutrale, cremige, runde, eckige oder verspielte. Was immer wir aus der Drogerie oder vom Discounter nehmen: Meist kommt das Stück vom Seifenhersteller Kappus im hessischen Offenbach, dem größten Seifenhersteller Westeuropas. Doch das Geschäft mit der Sauberkeit ist hart umkämpft.
500 Millionen Stück Seife purzeln pro Jahr bei Kappus vom Band
„Ich glaube nicht, dass heute noch jemand eine Seifenproduktion in Deutschland eröffnen würde“, sagt Patricia Kappus-Becker geradeheraus, die das Unternehmen in fünfter Generation leitet. Es gibt viel Arbeit und wenig Gewinn. Damals, als ihr Urgroßvater vor 168 Jahren den Betrieb gründete, liefen die Geschäfte noch wie geschmiert. „Die fetten Jahre sind leider schon lange vorbei“, weiß die Unternehmerin.
Der Familienbetrieb mit rund 250 Mitarbeitern ist straff geführt: Jährlich purzeln 500 Millionen Stück Seife von den Bändern der Werke in Offenbach, Krefeld am Niederrhein und Riesa in Sachsen. Eine gigantische Menge, die in 40 Länder exportiert wird. Hauptabsatzmarkt ist Deutschland, zwei Drittel aller Seifen, die wir täglich benutzen, kommen von Kappus, auch wenn das nicht auf der Packung steht.
Doch der Seifenmarkt stagniert und nimmt tendenziell ab. Waschen sich die Leute nicht mehr? „Doch“, sagt die Unternehmerin. „Aber es werden immer mehr Flüssigseifen oder Duschgels benutzt.“ Ein Trend besonders bei jungen Leuten. „Wir haben schon Anfragen bekommen, ob man mit Seife auch duschen kann“, schüttelt Kappus-Becker verwundert den Kopf.
Klar – man kann! Man muss nur das glitschige Stück gut festhalten. An Rezeptur und Machart hat sich seit Jahrzenten wenig verändert: Die weiße Grundseife basiert auf tierischen Fetten aus der Nahrungsmittel-Industrie oder pflanzlichen Ölen. Je nach Rezeptur kommen Pflegezusätze, Farbstoffe und Parfüme dazu.
Alles gut mischen und durchkneten, in die Strangpresse füllen und in einem Strang „extrudieren“, wie der Fachmann sagt. Besagten Strang in Stücke (Rohlinge) schneiden, in einer Stanze in Form pressen, verpacken – fertig. Was früher reine Handarbeit war, erledigen heute moderne Hochleistungslinien. „Sonst könnten wir auf dem Weltmarkt längst nicht mehr mithalten“, so die Chefin.
Akribisch verfolgt sie, was rund um den Globus passiert. Ein Streit zwischen der Türkei und Russland? Schon hat sie ein Seifenangebot für die Russen parat.
„Auf dem Markt muss man schnell sein“
In Frankreich schließt ein Seifenwerk? Sofort füllt Kappus die entstehende Lücke. „Man muss schnell sein“, sagt sie. Auch beim Einkauf der Rohstoffe: „Die machen 80 Prozent vom Preis aus.“ Doch trotz der harten Bedingungen ist Kappus-Becker optimistisch: 2017 zieht der Betrieb in eine moderne Halle ins Industriegebiet um. Und ihre 24 Jahre alte Tochter läuft sich bereits für eine potenzielle Nachfolge warm. „Seife gibt es seit 4.000 Jahren“, sagt die Unternehmerin, „es wird sie auch weiter geben!“