Köln/München. So schlimm war es seit dem Jahr 2001 nicht. Bis Ende Juni zählte das Gesundheitsamt allein in Köln 130 Masernfälle. Auch in Städten wie München oder Berlin sind die Masern wieder auf dem Vormarsch.
Von wegen Kinderkrankheit: Allein 2017 steckten sich laut Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin fast 1.000 Menschen mit dem Masernvirus an, dreimal so viele wie 2016. „Die Daten zeigen, dass in Deutschland zum Teil erschreckende Impflücken bestehen“, so Hedwig Roggendorf, Impfexpertin es Klinikums rechts der Isar in München: Das sei besonders bei jungen Erwachsenen der Fall. Für sie wird der Impfschutz immer wichtiger.
Selbst Ghana als Entwicklungsland hat die Masern längst besiegt
Dass Deutschland daran scheitert, sogenannte Kinderkrankheiten auszumerzen, während etwa das Entwicklungsland Ghana längst masernfrei ist, liegt an viel Unwissen und der Bequemlichkeit Einzelner. Roggendorf hält deshalb Aufkläung für besonders wichtig. Sie empfiehlt:
- Impfungen regelmäßig auffrischen. „Kaum eine Impfung hält ein Leben lang. Am besten ist eine Grundimmunisierung im Kleinkindalter, dann bei manchen Impfungen Nachimpfungen alle zehn Jahre“, rät die Expertin. So lässt sich ein Schutz gegen Masern, Mumps, Röteln, Diphterie, Kinderlähmung, Keuchhusten, Hepatitis B und Tetanus aufbauen. Wann nachgeimpft werden sollte, zeigt der Impfkalender des RKI. Online unter: rki.de
- Fehlenden Schutz nachhholen. „Das ist problemlos möglich“, so Roggendorf. Erwachsene etwa ohne Schutz gegen Masern, können diesen mit einer Impfung aufbauen. Generell empfiehlt sie bei großen Lücken im Impfpass Mehrfachimpfungen. „Da bekommt man mit einem Stich gleich Schutz vor mehreren Krankheiten. Und die Impfstoffe enthalten weniger Konservierungs- und Hilfsstoffe.“
- Keine Angst vor Nebenwirkungen. „Rötungen an der Impfstelle oder leichte Temperatur können vorkommen“, gibt Roggendorf zu. Das sei aber nicht vergleichbar mit den Symptomen einer Erkrankung – etwa Masern: Fieber, Bläschen im Mund, juckender Ausschlag, Mittelohrentzündugen. Auch Zahlen über Gesundheitsschäden sprechen für die Impfung: Bei einer Impfung gegen Masern liegt die Gefahr einer Gehirnentzündung bei unter eins zu einer Millionen. Bei einer Masernerkrankung bei eins zu 500 bis 10.000, je nach Alter.
- Sich beim Arzt informieren. „Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über das Impfen“, rät die Expertin. Denn im Internet kursieren oft falsche Informationen, die man kaum prüfen könne. Dazu gehört die Behauptung, Impfungen würden Allergien auslösen. Roggendorf: „Dafür gibt es bisher keine statistischen Beweise.“ Im Gegenteil: In der ehemaligen DDR gab es eine Impfflicht und viel weniger Allergien als im Westen.
- Mit der Krankenkasse sprechen. Die Kosten für alle 21 von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen übernehmen die Krankenkassen. Ausnahme: Die HPV-Impfung gegen Gebährmutterhalskrebs. Ihre Kosten werden nur bis zum 18. Lebensjahr übernommen. Roggendorfs Tipp: „Meistens hilft hier eine persönliche Anfrage bei der Kasse.“