Aachen/Bönnigheim/Rudolstadt/Dresden. Die Nase-Mund-Maske ist zum Symbol der Corona-Pandemie geworden. Sie gilt als einfacher textiler Schutz im Kampf gegen das Virus. Doch das ist noch lange nicht alles! Speziell entwickelte Medizintextilien helfen, in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gefährliche Erreger einzudämmen.

Fasern bremsen Bakterienwachstum

Jährlich sterben laut Bundesgesundheitsministerium bis zu 15.000 Patienten nach einer Infektion mit multiresistenten Keimen während eines Klinik-Aufenthalts. Das sollen spezielle Fasern verhindern, die in OP-Kitteln, Pflegekleidung, in Bettwäsche und Wundauflagen stecken. Sie enthalten als Biozid wirkende Silber- oder Zinkionen, die den Erreger abtöten und sein Wachstum hemmen können. Forscher am Thüringischen Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung in Rudolstadt haben es geschafft, diese Metallionen in Cellulose- oder Synthetikfasern einzubetten. Der Effekt: Auch nach zahlreichen Waschgängen wirken diese Fasern weiter auf die Keime.

Bakterienabtötende Faserstruktur

Beim Projekt Baktex entwickelten Textilforscher des Instituts für Textiltechnik (ITA) an der RWTH Aachen eine besonders wirksame bakterienabtötende Faserstruktur. Sie konnten zeigen, dass damit die notwendige Biozidmenge zum Abtöten von Bakterien wesentlich geringer dosiert sein kann als bei Fasern mit einer herkömmlichen Struktur. Vorteil: Man benötigt weniger Biozide, die auch für den Menschen schädlich sein können. Diesen Effekt wollen die Aachener Wissenschaftler in Zukunft noch gezielter nutzen, um Keime effektiv abzutöten.

Einfach wegwischen

Händewaschen, Mundschutz tragen – das ist das A und O, nicht nur in Krankenhäusern. Aber was ist mit Oberflächen? Auf ihnen können sich Viren lange halten. Ein besonders ausgerüstetes Mikrofasertuch verhindert das. Entwickelt von Wissenschaftlern des Hohenstein Institute in Bönnigheim (Baden-Württemberg), nimmt das Tuch laut Tests 91 Prozent der Viren auf. Die Beschichtung verringert dann die Viruskonzentration im Tuch um 90 Prozent.

Testen mit künstlicher Haut

Auch fürs Erproben neuer Desinfektionsmittel haben die Hohenstein-Forscher eine Lösung: künstliche Haut auf einer Textilbasis namens Humskin. „Wir haben die Haut so optimiert, dass man sie als Ersatz für die Hände echter Probanden verwenden kann. Das spart Zeit und Kosten – und senkt das Ansteckungsrisiko für Testpersonen“, sagt Anja Gerhardts, Bereichsleiterin Forschung und Entwicklung. Damit die Testbedingungen auch realistisch sind: Fett- sowie Feuchtigkeitsgehalt, pH-Wert und Oberfläche entsprechen der menschlichen Haut.

Krabbengarn gegen Keime

Nicht nur Viren, auch Bakterien und Pilze sind eine Gefahr. Gegen sie helfen Textilien aus Chitosan. Es ist Bestandteil des Krabbenpanzers. Das Institut für Textilmaschinen und textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM) in Dresden hat ein Nassspinnverfahren entwickelt, um Chitosanpulver zu Garn zu verarbeiten. Da es entzündungshemmend, für den Körper gut verträglich und wirksam gegen Keime ist, wird es für OP-Nahtmaterial genutzt – und beispielsweise zur Herstellung textiler Knorpel-Implantate.