Das ist doch schon mal was: In die absehbare vierte Kanzlerschaft startet Angela Merkel nicht im Rettungsmodus. 2005, 2009 und 2013 war das so – wegen der Job-, der Weltfinanz- und der Euro-Krise. Aber jetzt soll positiv gestaltet werden. Nicht nur das Land. Der Kontinent!

„Ein neuer Aufbruch für Europa“, lautet das Topthema von Merkels neuer Regierung, noch vor allen Inlandsthemen hat sie es ganz vorn in den Koalitionsvertrag schreiben lassen. Dass sie als Baumeisterin des europäischen Hauses in die Geschichtsbücher kommt, wie einst Adenauer und Kohl – die Umstände scheinen günstig. Die Wirtschaft hat sich überall berappelt, die Bürger äußern sich in Umfragen wieder positiver zur EU und zum Euro. Und am anderen Rheinufer steht, lächelnd und mit ausgestreckter Hand, Emmanuel Macron.

Aber ob auch die Richtung stimmt, wenn jetzt der deutsch-französische Motor auf Touren kommt? Das ist ungewiss. Womöglich sorgt er für Schub auf dem verhängnisvollen Weg in eine Haftungs- und Transferunion: Wenn Mitgliedsstaaten schlechte Standortpolitik machen, werden sie von den anderen durchgefüttert; die Steuerzahler, vielleicht gar die Sparer, sind gekniffen. So etwas würde die europäische Idee nicht vollenden. Es könnte sie zerstören.

Zu dumm, dass die Briten, der Gegenpol zum französischen Dirigismus, nicht mehr mitgestalten. Sie wären hilfreich, damit Merkel beim Vorangehen mit Macron das richtige Konzept im Blick hat: Europa nicht als Superstaat mit einheitlichen Steuern und Sozialstandards – sondern als Binnenmarkt, der den Wettbewerb und so den Wohlstand stärkt. Diesen Binnenmarkt gilt es jetzt, mit Blick auf Energiewende und Digitalisierung, zu modernisieren.