Coburg. Das klingt jetzt wie ein Klischee: Jennifer Schorr (23) ist Mitglied im Kegelklub, guckt gern Fußball und ist Fan der Kreisliga-Kicker vom LTV Gauerstadt. Eigentlich alles Männersachen. Schorr, Blondschopf, braune Augen, Herzchenstecker im Ohr, entschied sich trotzdem nach der Schule zunächst für einen Job in der Krankenpflege. „Doch das war definitiv nicht das Richtige für mich“, stellt sie rückblickend fest.

Schon besser gefiel ihr das Praktikum beim Druckluftspezialisten Kaeser Kompressoren in Coburg. Dort sind weibliche Fachkräfte besonders gesucht – wie in weiten Teilen der bayerischen Metall- und Elektroindustrie. Schorr wechselte von der Klinik an die Werkbank, begann eine Ausbildung als Zerspanungsmechanikerin. „Ich habe mich sofort in den Beruf verliebt“, sagt die junge Frau aus Franken. Sie ist inzwischen längst fertig mit der Lehre, kennt sich prima mit dem Bearbeiten von Metall aus.

Ihr Wissen über Drehen, Fräsen und CNC-Maschinen gibt sie jetzt weiter – an die nächste Azubigeneration von Kaeser: als erste gewerblich-technische Ausbilderin im Betrieb! Schorrs erste Schützlinge haben bereits ausgelernt. Sie schnitten gut ab, wurden alle übernommen. „Das spricht für die gute Betreuung“, sagt der Ausbildungsleiter Rüdiger Hopf.

In den technischen Berufen sind ein Fünftel der Azubis von Kaeser Frauen. „Eine gute Quote“, sagt Hopf, der sich aber noch mehr weiblichen Nachwuchs im Betrieb wünscht. Da sei es gut, dass man im Ausbilderteam jetzt auch eine Frau habe. Quasi als Vorbild für alle Mädchen, die sich nicht so recht an die Metallberufe herantrauen.

Dazu gibt es nämlich keinen Grund. Schorrs Beispiel zeigt, dass eine Frau da prima reinpasst. „Ich dachte immer, in der Fertigung geht es ruppig zu“, so die gebürtige Coburgerin, „doch das ist überhaupt nicht der Fall.“

Schorr misst knapp 1,60 Meter, verschafft sich aber leicht Respekt. „Wenn ich was erkläre, hören mir die Azubis zu“, sagt sie. „Sie wissen, dass ich umgekehrt auch ihre Fragen ernst nehme und für sie da bin.“ Manchmal schlüpft sie sogar ein wenig in die Mutterrolle: Ärger zu Hause, Stress mit der Freundin – „ich kriege mit, wenn bei einem was nicht stimmt“. Gute Ratschläge und Technikwissen: Sie kann beides vermitteln. „Ich erkläre viel“, sagt sie, „meist direkt an der Maschine.“

Ihr Arbeitstag beginnt um Viertel nach sieben. Sie verteilt Aufträge, beantwortet Fragen zum Stoff in der Berufsschule und vermittelt – besonders wichtig – Regeln zum Arbeitsschutz. Hier und da schaut Schorr den Azubis beim Arbeiten über die Schulter, gibt ihnen zum Beispiel Tipps, welche Feilenart für welches Werkstück am besten geeignet ist.

Als sich 2015 die Chance bot, im Job mehr Verantwortung zu übernehmen, hat Schorr nicht lange überlegt. Kaeser erweiterte damals sein Ausbilderteam, um über die 100 regulären Azubis hinaus noch zwei Dutzend Flüchtlinge sowie Jugendliche aus dem Ausland aufzunehmen. Die Stelle war wie geschaffen für die Mechanikerin. Schon während ihrer eigenen Ausbildung war ihr klar geworden, dass sie ein Händchen im Umgang mit jungen Leuten hat. Sie betreute Praktikanten, und auf Berufsmessen warb sie gerade auch bei Mädchen für Berufe der Metall- und Elektroindustrie.

In diesem Herbst folgt der nächste Karriereschritt: eine berufsbegleitende Teilzeit-Ausbildung zum Industriemeister für Metall. Jede Menge büffeln, auch abends nach der Arbeit, Schorr freut sich darauf. „Ich mache weiter, die Richtung stimmt.“

    Persönlich

    Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

    Der Umgang mit Technik war mir von klein auf nicht fremd. Nach meinem Vater bin ich in unserer Familie schon die Zweite mit einem Metallberuf.

    Was reizt Sie am meisten?

    Die Liebe zum Beruf will ich den Azubis weitergeben. Ich versuche, in der Werkstatt Fröhlichkeit zu verbreiten, auch wenn mal etwas nicht so klappt.

    Worauf kommt es an?

    Wenn man junge Menschen über eine längere Zeit begleitet, wachsen sie einem richtig ans Herz. Es braucht Mut, sie dann wieder loszulassen und sich zu sagen: Die schaffen das.

    Mehr weibliche Fachkräfte

    Mit Projekten speziell für Mädchen werben Bayerns Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände bayme und vbm für mehr Nachwuchs in Technik-Berufen.

    • Die „Girls’ Day Akademie“ gibt über ein Schuljahr hinweg Einblicke in die Betriebe und trägt so zur Berufsorientierung bei.
    • In „Mädchen für Technik Camps“ lernen die Teilnehmerinnen technische Ausbildungsberufe kennen und erstellen mit Azubis ein Werkstück.
    • Die „Forscherinnen-Camps“ zeigen Mädchen ab 15 Jahren den Arbeitsalltag einer Ingenieurin.