München. Eine beispiellose Provokation aus Rom, eine Kampfansage an Brüssel: Mit ihrem geplanten Haushalt für 2019 und den darin enthaltenen neuen Schulden hat Italiens Regierung einen handfesten Streit mit der EU losgetreten. In Europa wächst daher die Angst vor einer neuen Finanzkrise.

„Die Regierung in Rom spielt mit dem Feuer“, warnt Professor Timo Wollmershäuser vom Münchner Ifo-Institut. Der Kenner der Währungsunion fürchtet: „Letztlich stellt Italien für sich den Euro zur Disposition.“

Wahlversprechen sollen auf Pump finanziert werden – dabei ist der Schuldenberg schon jetzt zu hoch

Italiens Hauptproblem: Schulden. Der viertgrößte EU-Staat steht mit knapp 2,3 Billionen Euro in der Kreide. Das entspricht rund 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – mehr als doppelt so viel, wie gemäß Stabilitätspakt eigentlich erlaubt wäre. Allein Griechenland steht noch schlechter da.

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Noch im Juli hatte Italien eine EU-Empfehlung akzeptiert, den Staatshaushalt 2019 strukturell zu verbessern, um etwa 11 Milliarden Euro. Jetzt aber ist eine strukturelle Verschlechterung von etwa 14 Milliarden Euro geplant („strukturell“ bedeutet, dass konjunkturelle Effekte jeweils herausgerechnet werden). Mit den zusätzlichen Miesen sollen diverse Wahlversprechen finanziert werden: früherer Renteneintritt, Grundsicherung, Steuererleichterungen.

Der EU-Kommission blieb nichts anderes übrig, als den Etat-Entwurf zurückzuweisen und auf Nachbesserungen zu pochen – ein Vorgang ohne Beispiel. „Die EU muss gegenüber Rom klare Kante zeigen“, so Wollmershäuser, „Italien ist der erste echte Testfall für den 2013 verschärften Stabilitätspakt.“ Sollte Italien nicht nachgeben, drohen am Ende eines langwierigen Verfahrens Strafzahlungen an die EU. Doch möglicherweise könnte der Druck der Finanzmärkte schon vorher für ein Einlenken sorgen: Die Zinsen für italienische Staatsanleihen sind zuletzt deutlich gestiegen.

Experten sehen darin aber Hoffnung und Gefahr zugleich. Denn einerseits können steigende Schuldzinsen Regierungen durchaus disziplinieren. Andererseits verschärfen sie schnell die finanzielle Schieflage des betroffenen Landes. Zudem bekommen nun Banken Probleme, die viele italienische Staatsanleihen halten: Bei steigenden Zinsen verlieren diese alten Papiere an Wert.

Ob es die italienische Regierung wirklich auf einen Crash ankommen lässt? Noch hat sie offenbar Rückendeckung: 59 Prozent der Bevölkerung stützen laut einer Umfrage den riskanten Haushaltsentwurf. Dabei könnten die Italiener besonders unter einer neuen Krise leiden – zwei Drittel der italienischen Staatsanleihen gehören italienischen Banken, der Zentralbank Banca d’Italia oder italienischen Bürgern.