Frankfurt. Die Wahlen in der Türkei sind vorbei, Erdogan bleibt Präsident. Über die heikle wirtschaftliche Lage am Bosporus sprach AKTIV mit Ulrich Leuchtmann, Analyst und Währungsexperte der Commerzbank.

Die türkische Lira hat gegenüber Euro und US-Dollar zuletzt ein Fünftel an Wert verloren, die Inflation stieg auf rund 12 Prozent. Ist die Türkei in einer Wirtschaftskrise?

Noch nicht. Geht es mit der Lira aber so weiter, sprechen wir von einer Währungskrise. Dann ist die Wirtschaftskrise nicht mehr weit.

Wo liegt die größte Gefahr?

Die Türkei importiert mehr, als sie exportiert und ist so massiv im Ausland verschuldet – meist in US-Dollar oder Euro. Verliert die Lira an Wert, wird es schwieriger, diese Schulden zu begleichen.

Wie kann die Türkei die eigene Währung stützen?

Indem sie die Leitzinsen erhöht. Das passierte zuletzt aber immer zu spät. Die Zentralbank agiert nicht mehr souverän und steht unter großem Druck von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, der mit niedrigen Zinsen das Wirtschaftswachstum sichern will. Er hat zudem angekündigt, nach der Wiederwahl noch stärker Einfluss auf die Geldpolitik zu nehmen.

Wie kommt diese Ankündigung bei Investoren an?

Die Sorgen sind groß. Sollte Auslandskapital verstärkt abfließen, würde das die Lira weiter schwächen – und könnte schnell einen Teufelskreis in Gang setzen.

Türken sollen gesparte Euro und Dollar nun in Lira tauschen, um deren Kurs zu stabilisieren, fordert Erdogan.

Sobald die ökonomischen Argumente ausgehen, wird an den Nationalstolz appelliert – das ist immer ein schlechtes Zeichen.