Hamburg. Die Türkei sagt „Ja“ zum Präsidialsystem, Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bekommt mehr Macht. Was das für die deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehungen bedeutet, erklärt Wolf-Fabian Hungerland, Ökonom und Türkei-Experte der Privatbank Berenberg.
Wie geht es weiter mit dem deutsch-türkischen Handel?
Traditionell ist der gut. Trotz aller Rhetorik wird sich das unter dem Präsidialsystem vorerst nicht fundamental ändern. Türkische Unternehmen benötigen Maschinen aus Deutschland, deutsche Exporteure verkaufen gern in die Türkei mit ihrer konsumhungrigen Mittelschicht. Im letzten Jahr hat das Handelsvolumen leicht auf 37 Milliarden Euro zugenommen. Zudem dient die Türkei Firmen als Plattform für den Handel mit Nachbarländern.
Was ist mit dem EU-Beitritt?
Sollten die Verhandlungen beendet werden, könnten EU und Türkei dennoch die seit 1995 bestehende Zollunion vertiefen. Davon würden beide Seiten profitieren. Harsche Rhetorik aus der Türkei dürfte da aber bremsen.
6.800 deutsche Firmen haben am Bosporus investiert.
Die müssen sich um ihre Investitionen aktuell keine Sorgen machen. Auf die Dauer birgt eine Ein-Mann-Regierung aber Risiken; Verlässlichkeit und Rechtssicherheit werden abnehmen.
2016 sanken die Investitionen ausländischer Firmen in der Türkei um 40 Prozent.
Da liegt die Gefahr. Deshalb ist es wichtig, dass Präsident Erdogan jetzt die politische Lage stabilisiert. Bleiben Investitionen aus, schwächt das die Kaufkraft der Firmen. Die Nachfrage nach deutschen Produkten könnte leiden.