Köln/Mainz. Die Welt hat sich zu einem großen Marktplatz entwickelt. Länder und Unternehmen sind wirtschaftlich rund um den Globus miteinander verflochten. Viele profitieren davon, andere sehen eher Nachteile. Im September diskutieren in Mainz Experten bei der Dialogveranstaltung „chemie.impulseRP“ über die Globalisierung, über Gewinner und Verlierer.

AKTIV befragte dazu Volkswirt Hubertus Bardt, Geschäftsführer am Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW).

Billiglöhne, die Verlagerung von Jobs – viele Menschen sehen den Welthandel kritisch.

Das ist verständlich. Globalisierung bedeutet Wettbewerb – und der ist per se unbequem. Er bedeutet Veränderung, Anpassung, Leistungsdruck, die gewohnte Sicherheit schwindet. Der Weltmarkt ist zudem nicht so überschaubar wie die heimische Region.

Brauchen wir Globalisierung denn überhaupt?

Das klingt so, als könnten wir sie ausschalten. Das geht nicht: Globalisierung findet statt. Sie ist das Ergebnis eines jahrzehntelangen Prozesses. Die Öffnung Osteuropas, der Eintritt Chinas in den Weltmarkt – all das hat den Handel und die internationale Arbeitsteilung verstärkt.

Aber ist das wünschenswert? Es heißt ja öfter, Globalisierung macht die Armen ärmer und die Reichen immer reicher …

Die Frage nach sozialer Gerechtigkeit ist extrem komplex, die Verteilung nicht gleichmäßig. Wo es Gewinner gibt, gibt es auch Verlierer. Doch wer der Globalisierung an allem die Schuld gibt, macht es sich zu einfach. Jedes Land hat andere Ressourcen, Strukturen, einen anderen Ausgangspunkt. Dass die Armen aber grundsätzlich ärmer werden, wird von Tatsachen widerlegt.

Haben Sie ein Beispiel?

Südkorea. Vor 50 Jahren war das Land ein Entwicklungsland. Heute ist es eine Industrienation. Osteuropa hat von der globalen Arbeitsteilung massiv profitiert. Ebenso China und Teile Südostasiens.

Aber Afrika leidet doch.

Der Kontinent ist das Sorgenkind. Vielerorts fehlt es an Infrastruktur, an ausgebildeten Kräften, an Rechtssystemen, es herrscht Korruption. Daran ist aber nicht die Globalisierung schuld – es fehlen die Voraussetzungen dafür, dass der Handel funktioniert.

Was bringt uns Deutschen die Globalisierung?

Wir verdanken ihr unseren Wohlstand. Je stärker ein Land international eingebunden ist, umso höhere Einkommen sind möglich – Deutschland ist wie kaum ein anderes Land am Weltmarkt aktiv. Jede Art von Abschottung hätte massive Folgen für unsere Wirtschaft. Leider spüren wir derzeit Tendenzen in die Richtung.

Gäbe es ohne Welthandel eine BASF in Ludwigshafen?

Ganz sicher nicht in der heutigen Größe und derart erfolgreich. Für den Konzern haben sich dadurch riesige Chancen eröffnet. Das sichert Arbeitsplätze.

Und das gilt für alle Firmen?

Wenn es dem Unternehmen gelingt, am Markt wettbewerbsfähig zu bleiben, kann es die Chancen der Weltmärkte nutzen und wachsen. So eröffnen sich neue Möglichkeiten. Eine Firma kann ausländische Geschäftspartner gewinnen und Ressourcen anderer Länder nutzen.

Aber das birgt doch Risiken!

Klar, der Konkurrenzdruck steigt, man hat es plötzlich mit viel komplexeren Zielgruppen zu tun – doch all das erhöht schlussendlich die Effizienz. Der Wettbewerb zwingt uns, innovativ zu sein, in Forschung und Entwicklung zu investieren.

Kann ein Mittelständler da mithalten?

Viele Mittelständler zeigen, dass es geht. Sie profitieren zum Beispiel von neuen Absatzmärkten. Sie stellen ja oftmals hoch spezialisierte Waren her. Und die Anzahl potenzieller Käufer für Nischenprodukte ist weltweit höher als beispielsweise nur in Europa.

„chemie.impulseRP“ – Arbeitgeber laden zum Dialog in Mainz e

  • Die Chemieverbände Rheinland-Pfalz veranstalten in Mainz am 27. September zum 3. Mal die Dialogveranstaltung „chemie.impulseRP“. Das Thema: „Wem nützt Globalisierung? Über Verlierer und Gewinner der Weltwirtschaft“.
  • Als Redner tritt neben Hubertus Bardt auch Harald Klimenta, Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Nichtregierungs-Organisation Attac, auf.
  • Die Teilnahme ist nur nach vorheriger Anmeldung möglich. Alle Infos stehen online unter: chemie-impulse.de