Bochum. Bei einem Flüchtlingsfest brutzelte Friedrich Appelberg Würstchen auf dem Grill und reichte eins Rana Iskandar. So kamen der Firmenchef von Bomafa und die junge Syrerin ins Gespräch. Inzwischen ist sie Praktikantin beim Bochumer Hersteller von Industriearmaturen und wird in den nächsten Wochen eine Ausbildung als Industriekauffrau anfangen.
Die 30-Jährige hat ein Faible für Zahlen. In Syriens Hauptstadt Damaskus hatte sie Wirtschaftswissenschaften studiert und dort bei Samsung in der Buchhaltung gearbeitet. „Ich mag so was“, sagt sie und beugt sich über die Rechnungen, die über den Bildschirm laufen. Software-Spezialist Dieter Schubeis zeigt ihr, wie das Warenwirtschaftssystem von Bomafa funktioniert: „Es ist kniffelig, aus Tausenden Buchungen die auszusuchen, die man gerade braucht.“
Die junge Frau schreckt das nicht. „Ich habe bei Samsung mit einem ähnlichen Programm gearbeitet“, sagt sie in ihrem etwas holprigen, aber klaren Deutsch. Die Sprache hat sie in nur acht Monaten gelernt. „Die Kollegen sprechen immer langsam, damit ich sie verstehe.“
Die Herkunft von Rana Iskandar kann dem Betrieb auf neuen Märkten noch viel nutzen
Es sei ja nicht so leicht, jemanden zu finden, der Buchhaltung liebt, meint Appelberg: „Nur bei der Sprache hakt es noch ein bisschen, aber wer so intelligent und motiviert ist, schafft das“, lobt er seine künftige Azubine. Zudem könnte sie später den Vertrieb unterstützen: Der arabische Raum ist ein potenzieller Markt. Die tonnenschweren Hochdruck-Regelarmaturen von Bomafa werden unter anderem in der Öl verarbeitenden Industrie gebraucht.
Das Familienunternehmen rüstet Kraft- und Stahlwerke, Chemieanlagen und Papierfabriken mit Bauteilen aus. Diese regeln die Zufuhr von Gas, Dampf und Wasser. Gut drei Viertel des Umsatzes erwirtschaften die Bochumer im Export. Die Firma hat auch Produktionsstätten in Indien und China.
„Unsere überschaubare Größe ist dabei kein Nachteil“, sagt der Chef von 156 Mitarbeitern weltweit. „Wir haben viele Nationalitäten in Betrieb und Verwaltung: Das ist eine enorme Chance, nähere Kontakte mit den Kunden in der ganzen Welt aufzubauen.“
Als erstes Metall- und Elektro-Unternehmen im mittleren Ruhrgebiet und Westfalen nutzte Bomafa die Möglichkeit, Flüchtlinge einzustellen. Ein weiterer kommt bald als Lehrling ins technische Büro: Er ist vor dem Krieg in der Ukraine geflohen.
Rana Iskandar ist derweil dabei, ihr Deutsch zu verbessern. Problem: Der Staat bezahlt keinen Sprachunterricht für Fortgeschrittene. Und selbst kann sie sich den Kurs nicht leisten.
Vor kurzem hat sie geheiratet und eine Wohnung gefunden. Die Firma hat ihr angeboten, sich den Mietvertrag zeigen zu lassen, bevor sie unterschreibt. „Da stehen viele Sachen drin, die ich nicht verstehe“, lächelt Iskandar. „Dafür braucht es einen Deutschen.“ Und tatsächlich: Auf dem ersten Blick sah der Vertrag sehr gut aus. Aber im Kleingedruckten war dann doch eine happige Mieterhöhung versteckt.