Velbert. 15 Männer und Frauen ziehen ein großes Boot ins Wasser. Paddel im Anschlag, gleich geht’s los! Vorne im Bug sitzt Markus Janßen. Der erfahrene Hobby-Kanute bereitet sein Team auf das Drachenbootrennen am Baldeneysee in Essen vor. Sie alle kennen sich vom Job, arbeiten bei derselben Firma, dem Autozulieferer Huf Hülsbeck & Fürst in Velbert.
Kanute Janßen hat, beruflich bedingt, einen Tick: Er geht an keinem Wagen vorbei, ohne auf die Türgriffe zu gucken. Solche Teile stellt sein Arbeitgeber her. Klapp- oder Ziehgriff? Schwarz genarbt oder in Wagenfarbe lackiert? „Erfahrene Huf-Mitarbeiter können eine Automarke allein am Türgriff erkennen“, weiß der Maschinenbau-Ingenieur. Im Bekanntenkreis schielt er nach den Autoschlüsseln, ob da ein Huf-Logo drauf ist. Bei vielen findet sich tatsächlich eins, denn Huf ist Weltmarktführer.
Das Unternehmen meldet jährlich 100 Erfindungen zum Patent an
Als „Wissensmanager“ in der Produktentwicklung sorgt Janßen für den Informationsaustausch zwischen den Entwicklungsteams und somit für Qualität. Der Autozulieferer meldet jährlich über 100 Erfindungen zum Patent an: Jede vierte kommt irgendwann auf den Markt. Besser, Fehler von vornherein zu vermeiden, als sie später auszumerzen. Denn die Teile werden in Millionen von Autos verbaut.
Manches sieht man im Gegensatz zum Türgriff und Autoschlüssel nicht. Es ist dennoch wichtig für die Sicherheit. Beispiel: der Diebstahlschutz durch eine elektronische Lenkungsverriegelung. „Sie gehört zu unseren komplexesten Produkten, weil sie Mechanik-, Hardware- und Software-Komponenten vereint“, erklärt Janßen. „Sie muss das Lenkrad des geparkten Autos verriegeln, aber auf keinen Fall während der Fahrt – selbst dann nicht, wenn die Fahrzeugelektronik eine Störung hat.“ Präventive Qualitätsmethoden helfen dabei, Fehlerursachen früh zu erkennen und zu beseitigen.
Rund 7.800 Menschen arbeiten bei Huf insgesamt, ein gutes Zehntel in der Entwicklung. Außer in Velbert produziert Huf in Amerika, Europa und in Asien.
Entwickelt wird immer öfter für ganze Baureihen: Ein Türgriff, der ursprünglich für ein bestimmtes Automodell zum Beispiel in den USA vorgesehen war, wird gern auch in Fahrzeugreihen auf anderen Kontinenten übernommen. Allerdings wird er dabei leicht abgewandelt, weil gesetzliche Anforderungen oder elektrische Anschlüsse anders sind.
„Damit sich keine Fehler einschleichen, aber auch positive Erfahrungen weitergegeben werden, reicht es nicht, nur die Entwicklungsdaten rüberzuschicken“, sagt der Ingenieur: „Der persönliche Austausch ist effizienter.“
Bei der Firmengröße geht das nicht immer von Tür zu Tür. Es kann sein, dass der Kollege, der an der gleichen Sache arbeitet, nicht in Velbert, sondern in Südkorea sitzt. Janßen vermittelt die Ansprechpartner, gibt ihnen einheitliche Methoden an die Hand und ebnet den Weg für den persönlichen Kontakt. „Ich muss nicht jeden der knapp 750 Entwickler persönlich kennen“, sagt er, „aber wissen, woran sie arbeiten. Und es ist gut, wenn alle wissen, dass es mich gibt.“
Janßen nimmt eben alle mit ins Boot – beruflich wie beim Kanu-Sport. Neulich hat er das erste Drachenboot-Firmenteam auf die Beine gestellt. Drachenboot-Rennen kommen aus China: In großen geschmückten Booten paddeln die Mannschaften um die Wette, während Trommler im Bug den Takt vorgeben. Ein Heidenspaß, zumal die Teams sich auch noch verkleiden.
„Wir hatten schnell mehr Anmeldungen als Plätze“, sagt der junge Ingenieur. Im Boot sitzt der Projektleiter neben der Personalerin und die neben dem Werker – macht nichts, dass die meisten zum ersten Mal ein Paddel in der Hand halten. Vom ersten Training kehrten sie nass gespritzt, aber gut gelaunt zurück.
Persönlich
Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Nach der Promotion wollte ich in die Wirtschaft. Bei Huf habe ich in der Entwicklung angefangen und mich mit Qualitätsthemen beschäftigt. Der Bedarf nach strukturiertem Informationsaustausch hat sich im Laufe der Zeit immer stärker herauskristallisiert.
Was reizt Sie dabei?
Kurzfristig, dass ich mit den Teams im Austausch bin, einen guten Überblick über unsere Produkte habe. Langfristig, dass ich die Ergebnisse meiner Arbeit irgendwann auf der Straße sehe.
Worauf kommt es an?
Mit den verschiedenen Abteilungen, Disziplinen und Menschen zurechtzukommen und sich bei Themen in die Tiefe reindenken zu können.