Vechelde. Filteranlagen, die selber melden, wann ihre Filter gewechselt werden müssen? Ein Verkäufer für Gastanks, der nicht mehr das Produkt verkauft, sondern die Leistung, die ein Tank erbringt? Na klar gibt es das. Fortschritte dieser Art sparen Zeit und Kosten. Möglich werden sie durch die clevere Nutzung großer Datenmengen – kurz Digitalisierung.
Die Beispiele stammen aus dem Arbeitsalltag von Franz Vollmer, dem geschäftsführenden Gesellschafter der Atlastitan mit Sitz in Vechelde bei Braunschweig. Vollmer und seine deutschlandweit mehr als 280 Mitarbeiter unterstützen große Unternehmen als technische Projektpartner. Die Firma stellt Ingenieure, Kaufleute und Juristen, die für einen Kunden ein besonderes Projekt planen und umsetzen.
Wer die Daten seiner Maschinen intelligent auswertet, spart viel Zeit und Geld, etwa bei der Wartung
In den meisten Fällen handelt es sich um teure, einmalige Investitionen wie zum Beispiel die Errichtung eines betriebseigenen Kraftwerks oder den Bau neuer Fertigungsanlagen, für die der Kunde keine eigene Fachabteilung unterhält – oder aus Kostengründen nicht mehr unterhalten kann.
Für Franz Vollmer ist Digitalisierung mehr als ein Schlagwort. „Viele Mittelständler denken, Digitalisierung sei ein Trend, der sich früher oder später totläuft“, sagt der Ingenieur. „Dabei befinden wir uns schon mitten in einer riesigen Transformation der Geschäftswelt“, lautet seine Einschätzung.
Alles dreht sich um das Erheben und Auswerten von Daten, um daraus einen Vorteil fürs Geschäft zu entwickeln. Wer die Daten seiner Maschinen intelligent auswertet, kann Zeit und Geld sparen, etwa bei der Wartung. Wer die Gewohnheiten seiner Kunden kennt, kann vorausschauend werben.
„Digitalisierung bedeutet Innovation. Und eine Innovation muss einen spürbaren Nutzen haben, damit sie wertgeschätzt wird“, sagt Vollmer. Bei Atlastitan heißt das: „Wir schauen bei unseren Kunden, welche Daten erhoben und wie sie ausgewertet werden. Dann beschäftigen sich unsere Experten mit den Datenmengen und schauen, wie man sie intelligent nutzen kann, um einen Fortschritt zu erzielen.“
Im Fall eines Anlagenbauers bedeutete das etwa, dass die Filtration für Öl- und Schmierstoffe mittels Sensoren digital gesteuert werden konnte – die Anlage gibt ein Signal, wenn die Filter ausgetauscht werden müssen. So lassen sich starre Wartungsintervalle verhindern, das spart Zeit und Kosten. In einem anderen Fall konnte ein Verkäufer für Gastanks sein Geschäftsmodell umstellen, indem er die Speicherleistung seiner Tanks zum Kauf anbot anstatt das Produkt selbst.
„Viele Geschäftsprozesse werden in eine digitale Form transferiert“, erläutert Vollmer. So sei es in der Buchhaltung großer Unternehmen schon so gut wie selbstverständlich, dass die Belegerfassung digital abläuft. Scanner lesen eine Rechnung oder Quittung ein, das Buchungssystem verarbeitet sie automatisch weiter. So sparen sich die Buchhalter einfache Arbeitsschritte.
Die Menschen müssen den Willen haben, sich weiterzubilden
Fallen mit der Digitalisierung die einfachen Jobs vollständig weg? „Die Arbeitsplätze gehen nicht verloren, sie werden hochwertiger“, formuliert es Franz Vollmer. „Es wird immer mehr gefordert. Die Menschen müssen den Willen haben, sich weiterzubilden.“
„Große Handelskonzerne nutzen die Möglichkeiten der Datenauswertung schon lange. Jetzt kommt es darauf an, dass der Mittelstand die Dinge, die die Großen machen, nachmacht“, sagt Vollmer. Den Vorteil des Mittelstands sieht er dabei in dessen Beweglichkeit dank einfacherer Unternehmensstrukturen: „Wir können neue Ideen viel schneller umsetzen als Großkonzerne. Wir müssen nur das Eis brechen.“