Wenden. Ist der Sack korrekt bedruckt? Ist vielleicht irgendwo ein winziger Riss entstanden oder steht ein Papierschnipsel ab? Anna Sept schaut ganz genau hin – in der Qualitätskontrolle des Papiersackherstellers dy-pack in Wenden (Nordrhein-Westfalen). Wie viel Know-how in den Produkten dieser Firma steckt, lässt sich ihnen nicht auf Anhieb ansehen.

Ganz in der Nähe verrichtet Septs Kollegin Melina Gülmen die gleiche Arbeit an einer anderen Linie. Rund um die Uhr sondern hier die Maschinen automatisch immer mal wieder kleine Packen aus der Produktion zur Prüfung aus.

Schützende Hülle für Baustoffe und Grillkohle

„Meistens ist alles okay – wenn ich doch mal was entdecke, sage ich sofort Bescheid. Dann muss der Maschinenführer die Produktion stoppen, bis der Fehler behoben ist“, erklärt Sept. Ihr und Gülmen macht die Arbeit sichtlich Spaß: „Wir sind stolz darauf, zu den Kontrollfrauen zu gehören!“

„Das menschliche Auge ist durch nichts zu ersetzen, deshalb sind diese Mitarbeiterinnen so wichtig“, erklärt Geschäftsführer Wilhelm Dyckerhoff. Er kommt aus einer Unternehmerfamilie, die sich schon zu Kaisers Zeiten einen Namen als Zementhersteller machte. Für die Verpackung sorgte man seit jeher selbst; 1950 gliederte der Großvater des jetzigen Chefs die Herstellung von stabilen Säcken für den Zement in eine eigene Firma aus.

Heute hat dy-pack über 200 Beschäftigte und produziert im Jahr rund 150 Millionen Papiersäcke in allen möglichen Varianten zum Verpacken von Schüttgütern wie zum Beispiel Kunststoffgranulat, Baumaterialien und Chemikalien – bis hin zu Backmischungen, Grillkohle oder Katzenstreu. Der Umsatz lag 2015 bei rund 44 Millionen Euro, etwa zwei Drittel bringt der Export. Mit der Zement-Industrie wird nur noch wenig Geschäft gemacht, wie der kaufmännische Leiter Ralf Busenius erklärt. Denn: „In Deutschland wird man nur in Nischen glücklich – unsere Spezialität ist der hochwertige Ventilsack für spezielle Anwendungen.“

Der besteht aus großen Papierbahnen und vielen kleinen Streifen, die gemeinsam dafür sorgen, dass der Sack das Produkt im Inneren robust schützt. Über eine gefaltete und mit Papierstreifen verstärkte Öffnung am oberen Rand werden die Säcke später beim Kunden rasend schnell befüllt. Die dabei mitgeführte Luft entweicht vor allem durch die Wand, bevor der Sack dann vernäht, verklebt oder verschweißt wird.

Die Wendener bieten auch einen trickreichen Öffnungsmechanismus: Ohne Messer oder Schere gelangt man an den Inhalt – das ist etwa für die Lebensmittel-Industrie wichtig. Zudem muss der Sack einen stabilen Boden haben und Belastungen etwa während des Transports standhalten. „Das alles bei gleichbleibender Qualität hinzubekommen, ist eine technische Herausforderung“, so Busenius.

Regenfeste Säcke können Plastik ersetzen – ohne praktische Nachteile

Pro Sekunde fertigen die Anlagen bis zu sechs Säcke – rund um die Uhr. „Nur so rechnen sich die teuren Maschinen“, sagt Unternehmer Dyckerhoff. Gerade ist eine neue Linie in der Testphase: „Wir investieren kräftig in neue Anlagetechnik, um mit noch anspruchsvolleren Produkten neue Kunden zu gewinnen.“ Punkten könne man „mit Effizienz, Innovationskraft, Qualität und Service“. Zu diesem Service gehört, für viele Kunden einen Vorrat fertig produzierter Säcke abrufbereit auf Lager zu haben.

„Und es macht ja einen gewaltigen Unterschied, ob man Fliesenkleber oder Bierstabilisator abfüllt – deshalb beraten wir unsere Kunden auch intensiv.“ Stolz ist man in der Firma auf die vielen Innovationspreise, die man im Lauf der Jahre schon gewonnen hat. Ein eigenes Entwicklungsteam arbeitet ständig an Neuerungen.

Zunehmend gefragt sind hochwertige Druckbilder, damit sich ein Sack etwa im Baumarkt-Regal von der Masse abhebt. Gute Marktchancen sieht der Unternehmer auch für einen ganz neuen, regenfesten Papiersack: „Die Menschen werden umweltbewusster, wollen Alternativen zu Plastik ohne praktische Nachteile – das können wir bieten.“

Azubis engagieren sich nicht nur im Betrieb

Einsatz im „Warenkorb“: Isabell Rehm und Laura Scharge (von links). Foto: Werk
Einsatz im „Warenkorb“: Isabell Rehm und Laura Scharge (von links). Foto: Werk
  • Seit mehr als 40 Jahren bildet dy-pack in Wenden junge Leute aus. Die wichtigsten Berufe: Packmitteltechnologe, Medientechnologe Druck, Industriemechaniker, Elektroniker für Betriebstechnik sowie Industrie- und Informatikkaufmann.
  • Während ihrer Ausbildung sollen die derzeit 20 Lehrlinge auch die Schattenseiten des Lebens kennenlernen und sich in einem Praktikum sozial engagieren – zum Beispiel in einer Flüchtlingsunterkunft oder einer karitativen Einrichtung.
  • Die Azubis Laura Scharge und Isabell Rehm unterstützen aktuell die Arbeit der ökumenischen Initiative „Warenkorb“ in Olpe. Sie versorgt bedürftige Menschen mit Lebensmitteln.
  • Ihr Fazit: „Für uns war es sehr aufschlussreich, zu erleben, mit wie wenig Geld manche Menschen klarkommen müssen. Wir können jedem so einen Einsatz nur empfehlen.“