München. Kindergärten und Schulen zu, Nachwuchs daheim, Großeltern Corona-bedingt ausgefallen: Viele Eltern mussten in den vergangenen Monaten Arbeit und Kinderbetreuung gleichzeitig schultern – oft im Homeoffice, zuweilen mit schreiendem Kleinkind auf dem Schoß …
Unbestritten haben die letzten Wochen zahlreiche Familien auch im Freistaat an den Rand ihrer Belastungsfähigkeit gebracht. Manche bestimmt auch darüber hinaus. „Die Corona-Pandemie macht erneut deutlich, welch tragende Säule die Kitas in unserer Gesellschaft darstellen“, sagt Bayerns Familienministerin Carolina Trautner. Und diese Säule ist aktuell breiter und wichtiger denn je.
Rund 100.000 Kinder unter drei Jahren besuchen eine Krippe
Der Hauptgrund: Eltern, insbesondere Mütter, sind heute häufiger und umfangreicher erwerbstätig als noch vor einigen Jahren. Und um ihrem Beruf im gewünschten Maße nachgehen zu können, sind sie in der Regel darauf angewiesen, ihren Nachwuchs auch außerhalb der Familie betreuen zu lassen. Kein Wunder, dass sie von den stetig wachsenden Betreuungsangeboten regen Gebrauch machen.
2019 besuchten rund 580.000 Kinder bayerische Kindertageseinrichtungen wie Kindergärten, Krippen oder Horte. Das ist ein Anstieg von knapp einem Drittel gegenüber 2007, dem ersten Jahr der verfügbaren Zahlenreihe des Statistischen Landesamtes. Bei der Kindertagespflege, also der Betreuung durch Tagesmütter, verdoppelte sich im Zeitraum die Zahl der Kinder auf fast 13.000.

Der deutliche Anstieg geht vor allem auf den enormen Ausbau der Krippenplätze für Kinder unter drei Jahren zurück. Besuchten 2007 gerade einmal 10,7 Prozent der Altersgruppe eine Kindertageseinrichtung, waren es 2019 bereits 28,5 Prozent. Das entspricht rund 100.000 Buben und Mädchen. Auch der Anteil der Kinder zwischen drei und sechs Jahren, die einen Kindergarten besuchen, ist im gleichen Zeitraum weiter angestiegen: von 87,7 Prozent (2007) auf 92,5 Prozent (2019). Das zeigt: Betreuungsangebote werden immer stärker wahrgenommen. Für berufstätige Eltern ist eine funktionierende Kinderbetreuung also immer wichtiger – und auch für deren Arbeitgeber.
Insbesondere die Industrie benötigt eine verlässliche Kinderbetreuung
So betont etwa ein aktuelles Gutachten des Zukunftsrats der Bayerischen Wirtschaft die besondere Bedeutung eines verlässlichen Betriebs von Kindergärten und Kinderkrippen. In dem Papier wurde analysiert, wie trotz der anhaltenden Gefahr durch das Corona-Virus ein sicheres Hochfahren der Arbeitswelt organisiert werden sollte.
Eine entscheidende Voraussetzung aus Sicht des Expertengremiums: verlässliche Kinderbetreuung. Insbesondere die Industrie sei auf sie angewiesen, da deren Mitarbeiter ihre Aufgaben häufig nur vor Ort im Betrieb und nicht vom Homeoffice aus erledigen könnten.
Den Unternehmen raten die Fachleute, vorbereitet in eine mögliche zweite Corona-Infektionswelle zu gehen. Sollten Kindergärten und Kitas erneut großflächig geschlossen werden müssen, sollten sie auf eigenverantwortliche Lösungen setzen, etwa Betreuungsplattformen und die Vermittlung von Tagesmüttern.