München. Bayern geht es derzeit gut – und das liegt maßgeblich an seiner robusten Industrie mit ihren gut bezahlten Arbeitsplätzen. Die Bedeutung der Industrie im Freistaat ist seit dem Jahr 2000 noch gestiegen.
Mehr als 27 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung erbringt das verarbeitende Gewerbe mittlerweile. „Damit hat Bayern weltweit den vierthöchsten Industrieanteil“, heißt es in einer neuen Studie für die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). In diesem Vergleich der Standortqualität, dem Niveau-Ranking, liegt nur die Schweiz vor dem Freistaat, die USA folgen auf Platz drei, Deutschland insgesamt belegt Platz vier.
Aber Achtung: Die Schwellenländer holen stetig auf! Allen voran China, laut Studie stärkster Konkurrent auf den wichtigsten bayerischen Exportmärkten. Das Riesenreich macht die größten Fortschritte auf entscheidenden Feldern für die Standortqualität: Infrastruktur, Wissen, Ressourcen und so fort. Auf den vorderen Plätzen dieses aktuellen Dynamik-Rankings für die vbw liegen fast nur Schwellenländer.
Bayern wiederum ist da erst auf Platz 21 zu finden und hat damit im Vergleich zum Vorjahr fünf Ränge eingebüßt. Und das nicht etwa, weil sich hier bei uns vieles verschlechtert hätte. Aber in anderen Ländern sind die Verbesserungen eben messbar stärker.
Damit dürfte sich ein Trend der vergangenen Jahrzehnte fortsetzen: die Verschiebung industrieller Wertschöpfung aus Westeuropa und Nordamerika nach Asien, Lateinamerika sowie Mittel- und Osteuropa. „Angesichts des globalen Standortwettbewerbs dürfen wir uns nicht auf dem Erreichten ausruhen“, mahnt daher Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw: „Die Verbesserungen der Qualität unseres Industriestandortes ist eine Daueraufgabe.“ Größte Herausforderung sind die Arbeits- und Energiekosten. Hier haben die aufholenden Wettbewerber vor allem in Asien enorme Vorteile.
In Auslandswerken steigt die Beschäftigung deutlich
Doch auch der Standortwettbewerb unter den etablierten Industriestaaten wird härter, so die vbw. Im Bestreben, ihre nationale Wirtschaft zu stärken, engen viele Länder den freien Handel ein. Eine neue Herausforderung für Bayerns exportorientierte Betriebe. Längst setzen die heimischen Unternehmen verstärkt aufs Ausland, wenn es um Investitionen geht. Nicht nur wegen der Kundennähe: Fabriken in der Ferne helfen, die Produktionskosten insgesamt niedriger zu halten.
Entsprechend wird die Beschäftigung an den Auslandsstandorten hiesiger Unternehmen „in den kommenden drei Jahren um 6 Prozent steigen“. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeberverbände bayme und vbm. Für China wird dabei ein Plus von 11 Prozent erwartet, für Mittel- und Osteuropa 10 Prozent.
Immerhin: Auch die Belegschaften in der Heimat legen zu. Die Beschäftigung im größten Industriezweig Metall und Elektro ist mit 835.000 Stellen so hoch wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Doch der robuste Arbeitsmarkt und die gute Konjunktur werden auch von Faktoren gestützt, auf die Bayerns Betriebe keinen Einfluss haben: billiges Öl, niedrige Zinsen und der über einen langen Zeitraum niedrig bewertete Euro, der unsere Exporte in den Dollar-Raum bisher günstiger machte.
Arbeit in Bayern ist im internationalen Vergleich sehr teuer. Und die Wertschöpfung je Arbeitsstunde hält mit den steigenden Löhnen längst nicht mehr Schritt. Wenn Arbeitskosten und Produktivität auseianderlaufen, gehen die Lohnstückkosten rauf – ein Nachteil im globalen Standortwettbewerb. Investoren aus aller Welt beobachten so etwas sehr genau.
Robuste Industrie, gut bezahlte Arbeitsplätze: Bayern geht es gut. Aber Achtung: Die Schwellenländer holen auf, bei Bildung und Infrastruktur. Wie die bayerischen Betriebe darauf reagieren, lesen Sie in diesem Themen-Special. Hier geht’s zur Einführung.
Die weiteren Artikel dieses Themen-Specials:
- Der Freihandel gerät in Bedrängnis – das hat Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen
- Interview: Verfall der Sitten im Welthandel
- Wie bayerische Betriebe im globalen Wettbewerb bestehen
- Fakten zum Lohn, die jeder kennen sollte