Hamburg. Wer angesichts des neuerlichen Skandals in der Fleisch-Industrie nach Alternativen sucht, darf durchaus an Fisch denken. An Lachs zum Beispiel. Der kommt heute größtenteils aus Aquakulturen. Fischzüchter in Norwegen etwa lassen ihn in großen Käfigen in den Fjorden heranwachsen. Gefüttert werden die Lachse mit Spezialpellets, die überwiegend Pflanzeneiweiße und -fette enthalten. Gegen Krankheiten werden die Tiere geimpft, um den Einsatz von Antibiotika zu vermeiden. Ergebnis: Der Zuchtlachs ist Wildlachs in der Qualität überlegen, hat die Stiftung Warentest herausgefunden (test 3/2018).
Um 527 Prozent hat die globale Fischzüchtung seit 1990 zugelegt
Es ist ein weltweiter Trend: Aquakultur liefert heute jeden zweiten Fisch, 82 Millionen Tonnen. Seit 1990 hat die Erzeugung der Fischfarmen um gewaltige 527 Prozent zugenommen, schreibt die Welternährungsorganisation FAO. Der globale Fischfang erhöhte sich dagegen nur um 14 Prozent.
Gezüchtet werden Fische, Garnelen, Muscheln, Krebse. Um den Hunger der Welt nach gesunder Nahrung zu stillen. „Fisch liefert dem Körper lebenswichtige Aminosäuren, Vitamin D, Jod, das Spurenelement Selen sowie wertvolle Omega-3-Fettsäuren“, sagt Matthias Keller, Geschäftsführer des Fisch-Informationszentrums in Hamburg. Besonders die Omega-3-Fettsäuren gelten als gesund. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung mindern sie das Risiko von Herzinfarkt, Schlaganfall und Fettstoffwechsel-Störungen.

Ihre Experten empfehlen: „Ein bis zwei Portionen Fisch in der Woche essen! Davon 70 Gramm fettreichen Seefisch wie Lachs, Makrele oder Hering.“ Da sollten die Deutschen öfter zulangen. 14,5 Kilogramm essen sie pro Jahr, im globalen Mittel sind es 20 Kilo pro Kopf.
Während Ernährungswissenschaftler zu mehr Fisch raten, warnen Umweltschützer vor Überfischung der Weltmeere. Von den etwa 450 Fischbeständen, über die ausreichend Daten vorliegen, stuft die Welternährungsorganisation 34 Prozent als „überfischt“ ein, weitere 60 Prozent als „maximal genutzt“. Umweltschützer nennen die Werte gern in einem Atemzug. „So suggerieren sie, auch diese 60 Prozent seien bald leer gefischt“, erklärt Experte Keller. „Tatsächlich sind sie optimal und nachhaltig genutzt, also im grünen Bereich.“ Die FAO hat das im jüngsten Report eigens klargestellt.
Im Mittelmeer aber sehe es schlecht aus, berichtet Keller. Und in der Ostsee schrumpfen einige Herings- und Dorschbestände. Die Europäische Union hat daher deren Fangquoten in der westlichen Ostsee dieses Jahr massiv gesenkt. Für die Nordsee und den Nordost-Atlantik legt die EU ebenfalls jedes Jahr maximal zulässige Fangmengen fest, um die Bestände zu sichern.
Etwa 250.000 Tonnen fangen deutsche Fischer im Jahr
Auch auf die Fangmethode kommt es an. Grundschleppfangnetze zum Beispiel können den Meeresboden schädigen. Aber wie kann man sich da orientieren? Bei Fertigpackungen etwa erleichtern Nachhaltigkeitszertifikate die Wahl. Das MSC-Siegel steht für nachhaltige Fischerei; das ASC-Siegel bewertet Züchter. Eine kritische Einstufung je nach Fanggebiet und -methoden nimmt der Fischratgeber der Verbraucherberatung Hamburg vor. Er empfiehlt aktuell 14 Fischarten.
Fisch ist ein Wirtschaftsfaktor: 2,2 Millionen Tonnen werden hierzulande pro Jahr verarbeitet, davon kommen 90 Prozent aus dem Import. Etwa 250.000 Tonnen fangen die 1.300 deutschen Schiffe. Fang, Verarbeitung und Fachgroßhandel geben 20.000 Menschen Arbeit. Ein Grund mehr, mal wieder Fisch zu essen.
Mehr Fakten zum Fisch gibt es unter aktiv-online.de/meer.
Die Nachhaltigkeitssiegel
Sie bieten eine Orientierung für Verbraucher.
- Fischzucht. Die Herkunft ist komplett rückverfolgbar; der Standort ist geeignet und bietet gute Wasserqualität.
- Rückverfolgung. Mit einem Tracking-Code kann man im Netz die Herkunft ermitteln.
- Fischfang. Der Fischbestand ist in gutem Zustand und sein Lebensraum wird geschont.
- Öko-Siegel. Es legt strenge Kriterien für die Aquakultur an. Beim Fischen sind kleine Fischereien im Fokus.