Offenbach. Hyundai Motor Deutschland ist der erfolgreichste asiatische Automobilimporteur auf dem hiesigen Markt und weiter auf Wachstumskurs. aktiv sprach mit Jürgen Keller, Geschäftsführer des Unternehmens, über seine Freude an vermeintlich alten Werten und an alternativen Antriebstechnologien.
Was fasziniert Sie an Autos und dem Thema Mobilität?
Ich war nie ein Technik-Freak und habe auch nicht mit 16 an Autos herumgeschraubt. Mich hat aber schon immer das Geschäftsfeld Auto fasziniert, wie sich Unternehmen und Märkte verändern und welchen Einfluss Technologien darauf haben. Im Studium hatte ich dann Kontakt zu vielen Automobilherstellern, schrieb meine Diplomarbeit bei BMW und stieg dann bei Opel ein. Dabei waren es letztlich immer das Marketing und der Vertrieb, die mich reizten.
Wie fühlt man sich, geprägt von der deutschen Auto-Industrie, in einem asiatischen Unternehmen?
Ausgesprochen gut. Hyundai hat mich schon lange fasziniert, nicht nur im Hinblick auf die Mobilität der Zukunft. Es ist ein Weltkonzern mit über 120.000 Beschäftigten. Das wird einem so richtig klar, wenn man in Korea aus dem Flugzeug steigt und wirklich überall den Namen HYUNDAI lesen kann. Als man mich fragte, ob ich Geschäftsführer von Hyundai Deutschland werden möchte, fiel mir der Wechsel leicht, weil ich hier meine Erfahrungen einbringen und auch viel Neues lernen kann.
Trotz Branchenkrise war 2021 für Sie ein Jahr der Rekorde …
Ja. 2021 konnten wir in Deutschland 106.620 Fahrzeuge zulassen und mit diesem Plus von 1,5 Prozent gegen den Branchentrend unseren Marktanteil auf 4,1 Prozent steigern. Das beste Marktanteilergebnis für uns bisher. Das macht uns sehr stolz. Dazu kommt: Zwei Drittel der von Hyundai zugelassenen Fahrzeuge haben bereits einen alternativen Antrieb. Wir wurden 47-mal Sieger in Vergleichstests von Fachzeitschriften. Und der batterieelektrische IONIQ 5 ist Deutschlands Auto des Jahres 2022. Mit knapp 2.200 Mitarbeitern bundesweit ist der Hyundai-Konzern der größte Arbeitgeber unter den Importmarken in Deutschland – und auch diese Zahl wird weiter wachsen.
Woher kommt dieser Erfolg?
Er hat meines Erachtens viel mit der Kultur von Hyundai zu tun, sich über Unternehmensgrenzen hinaus zu engagieren und auch Verantwortung zu übernehmen. Verlässlichkeit, Vertrauen, klare Ziele, die konsequent verfolgt werden, und nicht zuletzt ein respektvoller Umgang mit Menschen und Natur sind hier fest verankert. Das deckt sich mit den Werten, die mir wichtig sind.
Wie zeigen sich diese Werte?
Sie zeigen sich im Großen und im Kleinen. Nehmen Sie als Beispiel das Thema Umwelt- und Klimaschutz. Wir wollen bis 2045 weltweit mit allen Produkten und Betrieben klimaneutral sein und schon ab 2035 in Europa keine Fahrzeuge mit Verbrenner-Motoren mehr anbieten. Vermutlich werden wir diese großen Ziele noch vor der Zeit erreichen. Aber wir tun auch im Kleinen viel. In Nordrhein-Westfalen entsteht in Kürze ein kleiner Wald, weil wir dort für jeden verkauften IONIQ 5 einen Baum pflanzen. Für das Modell bieten wir auch nachhaltige Fußmatten aus Recyclingmaterial an, das aus weggeworfenen Fischernetzen gewonnen wird. Denn wir unterstützen mit der Meeresschutzorganisation Healthy Seas Aufräumaktionen in den Weltmeeren.
Wie sieht aus Ihrer Sicht die Mobilität der Zukunft aus?
Der batterieelektrische Antrieb wird die nächsten Jahre noch prägen, aber parallel dazu werden sich Wasserstoff und die Brennstoffzelle etablieren, nicht nur im Schwerverkehr. Daneben entwickeln wir die Assistenzsysteme weiter, und man wird darüber fast schon automatisch in Richtung autonomes Fahren trainiert. Denn auch das wird kommen. Genauso wie Autos, die ihre Wartungstermine selbstständig erkennen und dem Fahrer in naher Zukunft vor der Buchung einen Termin in der Werkstatt vorschlagen.
Wo sehen Sie aktuell die größte Herausforderung?
Der Klimawandel ist Fakt und keine Utopie mehr. Wir alle sind gefordert, jetzt Verantwortung zu übernehmen und ihn durch unsere Entscheidungen zumindest abzuschwächen, vielleicht sogar zu stoppen. Und das ist eine wirklich große Herausforderung.
- Geboren 1965 in Mainz, verheiratet, fünf Kinder.
- Studium Wirtschaftsingenieur- wesen an der TU Darmstadt und in Australien.
- 1993 Einstieg bei Opel in Rüsselsheim.
- Bis 2019 verschiedene Manage-ment-Positionen, unter anderem Vertriebschef von Opel Deutschland und danach Leiter International Operations weltweit.
- Seit 2019 Geschäftsführer der Hyundai Motor Deutschland GmbH.
Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.
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