Bei Michael Völkl (38) hat sich im Job zuletzt wieder etwas mehr Routine und Normalität breitgemacht. Zum Glück! „Ich kann seit ein paar Monaten ein wenig durchschnaufen“, berichtet der Dehn-Mitarbeiter. „2023 war ein aufregendes Jahr für mich!“

Grund dafür war ein Mega-Umzug, für den Völkl zusammen mit seinem Kollegen Josef Wittmann verantwortlich war. Denn die Elektrotechnik-Firma Dehn mit Sitz im oberpfälzischen Neumarkt hat in den vergangenen zwei Jahren 50 Millionen Euro am benachbarten Standort Mühlhausen investiert. Dort steht nun neben dem rund zehn Jahre alten Logistikzentrum der Firma auch ein hochmodernes und automatisiertes Werk mit rund 600 Mitarbeitern und erweiterten Fertigungskapazitäten und eines der wenigen Industriegebäude in Süddeutschland mit KfW40-Standard. 

Digitaler Zwilling half, schon vor dem Umzug die Produktion zu planen

Große Teile der Produktion am alten Stammwerk wurden an den neuen Standort rund zehn Fahrminuten von Neumarkt entfernt verlagert. Und nicht nur das: Nebenbei wurden auch neue effizientere Prozesse etabliert und die Automatisierung vorangetrieben – ein Thema, bei dem sich der studierte Werkstoffwissenschaftler Völkl bestens auskennt. Durch die Hallen kurven mittlerweile 20 fahrerlose Transportsysteme, die autonom die verschiedenen Produktionslinien mit Material versorgen und die fertigen Produkte wieder abholen.

Ein extra programmierter digitaler Zwilling, mit dem sich Abläufe simulieren lassen, half dem Projektteam beim Umzug. Insgesamt waren mehr als ein Dutzend Mitarbeiter anderthalb Jahre lang damit beschäftigt, den Umzug hinzubekommen.

Bis Pfingsten 2023 wurde geplant, dann schritt man zur Tat: Umzug und neue Abläufe gleichzeitig – und das alles bei laufendem Betrieb. „Es war ein riesiger Spagat“, berichtet Völkl. Funktioniert am Ende alles? Oder gibt es einen großen Knall? Die Fallhöhe war groß.

Denn bei Dehn brummt seit Jahren das Geschäft. Der Umsatz hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht und soll sich bis 2030 noch einmal verdoppeln. Ein verpatzter Umzug mit Produktionsausfällen wird da schnell teuer.

Die verstärkte Automatisierung soll nun beim Wachsen helfen. „Sie ist für uns extrem wichtig“, betont Christian Köstler, Völkls Chef und bei Dehn verantwortlich für Produktion, Logistik und Materialwirtschaft. „Am Standort Deutschland hat man auf Dauer nur eine Chance, wenn man verstärkt auf die Automatisierung setzt“, prognostiziert er. Ein Grund seien auch die hohen Arbeitskosten.

Der Standort setzt als Leitwerk in Zukunft die Standards

Dehn baut aber weiter auf den Standort Deutschland. Das liegt daran, dass man nach wie vor den größten Teil des Umsatzes mit Überspannungsschutz, Blitzschutz und Arbeitsschutz in Deutschland, Österreich und der Schweiz macht. „70 Prozent aller Waren verlassen noch am Tag der Bestellung unser Haus Richtung Kunde“, versichert Köstler. Das soll nach Möglichkeit auch so bleiben.

In Sachen Automatisierung ist der hochmoderne Standort in der Oberpfalz für Dehn das neue Leitwerk und eine Art Leuchtturm-Projekt. „Das Werk setzt in unserer Firma in Zukunft die Standards“, erklärt Umzug-Manager Völkl. Er fühlt sich immer noch ein wenig geehrt, dass man ihm die große Aufgabe zugetraut hat. „Wann zieht man in seinem Leben schon mal ein ganzes Werk um?“

Michael Stark
aktiv-Redakteur

Michael Stark schreibt aus der Münchner aktiv-Redaktion vor allem über Betriebe und Themen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Darüber hinaus beschäftigt sich der Volkswirt immer wieder mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Das journalistische Handwerk lernte der gebürtige Hesse als Volontär bei der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. An Wochenenden trifft man den Wahl-Landshuter regelmäßig im Eisstadion.

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