Ulm. Das Gewehr, das Erich Kraft zeigt, ist für den Laien nur am Lauf als solches zu erkennen. Statt einer hölzernen Schulterstütze – Schaftkappe nennen das die Experten – sind sechs Edelstahlrollen an einem aufwendig konstruierten Gestell angebracht, um das Luftgewehr perfekt am Körper anlegen zu können. „So viele Einstellmöglichkeiten wie mit diesem Schaft gab es bisher noch nie“, sagt Kraft, Betriebsleiter des Jagd- und Sportwaffenherstellers Anschütz in Ulm.

Wenn es um die Gewehre für Sportler geht, spricht man beim Ulmer Traditionsunternehmen (100 Mitarbeiter) gar nicht mehr von Waffen. „Das sind Hochleistungssportgeräte“, betont Kraft. Um die Ansprüche der Kundschaft, die bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften an den Start geht, zu erfüllen, werden für die Waffen „exotische Materialien“ wie Karbon oder Titan verbaut. Und die Entwickler müssen immer wieder etwas Neues erfinden.

Manchmal geht das nur mit technischen Tricks, verrät Kraft, etwa bei einem neuen Abzug. Damit der besonders gleichmäßig und absolut ruckfrei auslöst, wurde ein Metallstift als Achse durch vier nebeneinanderliegende Kugeln ersetzt. Das verringert die Reibung und damit den Widerstand, den der Schütze zu überwinden hat.

Die Idee ist patentiert und in der Branche begehrt. „Einige Mitbewerber verbauen unseren Abzug, weil er so gut ist“, erklärt Jochen Anschütz, der den Familienbetrieb in der fünften Generation führt.

12.000 Jagd- und Sportwaffen werden pro Jahr gefertigt

Jedes Jahr verlassen 12.000 Gewehre die Ulmer Fabrik. Davon sind rund 7.000 für Jäger und knapp 5.000 Matchwaffen, wie man die Sportgewehre nennt. Anschütz’ Anteil am Weltmarkt für Luftgewehre liegt bei rund 20 Prozent, für Kleinkaliber bei 50 Prozent. Und 95 Prozent aller Spitzen-Biathleten gehen mit einem Gewehr der Ulmer in die Loipe.

Zu den Kunden gehören nationale Spitzen- und Breitensportler sowie Nachwuchsathleten. Um ihren Ansprüchen gerecht zu werden und trotzdem wirtschaftlich produzieren zu können, hat Anschütz ein Baukastensystem entwickelt. Aus dem stellt sich der Kunde sein Wunschgewehr zusammen, das dann montiert wird. „Bei uns sind selten mehr als 10 oder 20 Gewehre gleich“, sagt Kraft. Oft seien es Unikate.