Wiesbaden. Eine Willkommenskultur für Kinder wünscht sich der Präsident der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) Wolf Matthias Mang. „Wir sind eine schrumpfende Gesellschaft. Aber das ist kein Naturgesetz, deshalb können wir diesen Trend auch umkehren“, betonte er beim 26. Hessischen Unternehmertag im Kurhaus in Wiesbaden vor rund 1.000 Gästen.
Der Spitzentreff der hessischen Wirtschaft widmete sich der Frage, wie der Standort Hessen für globale Unternehmen attraktiv bleiben und schlüssige Antworten auf die Krisen in der Welt geben kann. Mehr Wertschätzung für Kinder und Familien sowie gute und sichere Arbeitsplätze sind nicht nur nach Ansicht Mangs der Schlüssel für den zukünftigen Erfolg.
Ehe und Familie als Fundament der Gesellschaft stärken
Impulsredner waren der Opel-Chef Michael Lohscheller sowie der stellvertretende hessische Ministerpräsident Tarek Al-Wazir. Er vertrat den in Berlin in den Sondierungsgesprächen gebundenen Ministerpräsidenten Volker Bouffier und beschrieb, was Hessen als Standort auch in Zukunft anziehend macht.
„Wir leben in einem der sichersten und reichsten Länder der Erde und an einem attraktiven Standort für internationale Unternehmen, der wie keine andere Region in Mitteleuropa mit der weltwirtschaftlichen Entwicklung verflochten ist“, erklärte Al-Wazir.
Gleichzeitig hätten aber viele Menschen das Gefühl, dass sie von der Teilhabe am Wohlstand ausgeschlossen sind. Al-Wazir: „Es muss uns gelingen, wieder Mut und Zuversicht in möglichst viele Bereiche zu bringen und einen realistischen Optimismus.“ Dies hinzubekommen, ohne die Herausforderungen im Zeitalter von Globalisierung und Digitalisierung zu übersehen, sei eine große Aufgabe für Politik und Wirtschaft. „Wir stehen da gemeinsam in der Verantwortung“, betonte der stellvertretende Ministerpräsident.
Mehr digitale Vernetzung und Geschäftsmodelle bieten nach Aussage des VhU-Präsidenten Mang die Chance, den Rückgang des Arbeitskräfteangebots teilweise auszugleichen. Aber letztlich führe kein Weg daran vorbei, dass insgesamt weniger Menschen zur Erwirtschaftung eines Sozialprodukts einer alternden Gesellschaft mehr erwirtschaften müssen.
Für eine ausgeglichene Balance zwischen jüngeren und älteren Menschen und einen stabilen Generationenvertrag müsse die demografische Talfahrt umgekehrt werden. Damit die Bereitschaft, mehr Kinder zu bekommen, steigt, forderte Mang deshalb eine Willkommenskultur für Kinder und Eltern.
Dazu gehöre auch, die Ehe und die Familie als Fundamente der Gesellschaft zu stärken. „Beide brauchen als fundamentale Solidar-Gemeinschaften viel mehr Wertschätzung“, so der Unternehmer. Nach Jahrzehnten des Rückgangs sei 2015 die Geburtenrate erstmals wieder gestiegen von 1,4 auf 1,5 Kinder pro Frau. „Bis wir allerdings bei deutlich über 2 Kinder angelangt sein könnten, dauert es mindestens eine Generation“, erläuterte Mang und ergänzte: „Aber lieber spät als nie.“
Der Abend im Bild
Die Promis, die Peisträger: Viele Fotos aus dem Wiesbadener Kurhaus: vhu.de
Klares Bekenntnis zum Standort

Auch wenn er einen Tag vor der offiziellen Vorstellung des neuen Opel-Entwicklungsplans nicht viel sagen durfte, sprühte Michael Lohscheller doch vor Optimismus. Dem Chef von Opel Automobile in Rüsselsheim war bei seinem Vortrag beim Hessischen Unternehmertag in Wiesbaden anzumerken, dass das Traditionsunternehmen in Deutschland eine Zukunft hat.
Opel ist einer der größten europäischen Autohersteller und arbeitet allein in Hessen mit mehr als 1.000 Zulieferbetrieben zusammen. Seit August 2017 gehört das Unternehmen zum französischen Automobilkonzern PSA.
Obwohl am gleichen Abend in Berlin das Goldene Lenkrad verliehen wurde, einer der wichtigsten Preise der Branche, kam der Opel-Chef zum Spitzentreff der Hessischen Wirtschaft. Während er dort über die Zukunft der Automobil-Industrie sprach, wurde fast zeitgleich in Berlin der Opel Ampera-e mit dem Goldenen Lenkrad 2017 in der Klein- und Kompaktwagenklasse ausgezeichnet.
Für Lohscheller dürfte der Preis keine große Überraschung gewesen sein. Der Opel-Chef: „Wir können eben sehr, sehr gute Autos bauen, und in unserem Entwicklungszentrum in Rüsselsheim wird die Mobilität der Zukunft gerade gestaltet.“
Das sind die Hessen-Champions
Bereits zum 17. Mal wurde der Innovations- und Wachstumspreis Hessen-Champions im Rahmen des Hessischen Unternehmertags in Wiesbaden verliehen. Auszeichnungen gab es in den Kategorien „Weltmarktführer“, „Jobmotor“ und „Innovation“. 65 Firmen beteiligten sich an dem Wettbewerb. „Hessen ist ein Land der unternehmerischen Champions und Gründerland Nummer eins“, betonte Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir im Rahmen der Preisverleihung.
Ausgezeichnet für pfiffige Ideen: Der Optotech-Chef Roland Mandler (links) und sein Sohn Tomas.

Optotech Optikmaschinen in Wettenberg ist der Hessen-Champion in der Kategorie „Innovation“. Das Unternehmen hat eine neue Bearbeitungstechnologie für Brillengläser entwickelt, durch die mehrere Prozessschritte eingespart sowie Herstellungskosten reduziert werden, und auch die Umwelt wird geschont. Ins Finale kamen zudem Adaptive Balancing Power aus Darmstadt, Eurozyto aus Königstein und die Schreinerei Torsten Kiefer Einzigart aus Hünfeld.
Sorgt für gute Luft im Flugzeug: Kai Liebig, Geschäftsführer von Nord-Micro.
Nord-Micro in Bergen-Enkheim ist Hessen-Champion in der Kategorie „Weltmarktführer“. Fast 500 Mitarbeiter entwickeln dort sogenannte Kabinendruck-Regelsysteme. Die sorgen dafür, dass Passagiere im Flugzeug sicher atmen können und komfortabel reisen. Mehr als 80 Prozent aller Großraumflugzeuge haben Systeme und Komponenten von Nord-Micro. Finalisten in der Kategorie Weltmarktführer wurden Eppsteinfoils aus Eppstein und die Präwema Antriebstechnik aus Eschwege.
Erfolgreiche Unternehmer: Thomas und Andreas Rebmann (rechts).

Die Lampenwelt aus Schlitz ist Hessen-Champion in der Kategorie „Jobmotor“. Die Brüder Thomas und Andreas Rebmann gründeten 2004 ein Unternehmen, das sich zu Europas erfolgreichstem Online-Fachmarkt für Lampen und Leuchten entwickelte. Mit inzwischen rund 300 Mitarbeitern ist es ein attraktiver Arbeitgeber in einer strukturschwachen Region. Finalisten wurden Eurozyto in Königstein und Fino digital aus Kassel.