Bitterfeld-Wolfen. Drei Meter lang und etwa 250 Kilo schwer sind die Glaskolosse, um die sich Petra Stein kümmert. Sie kontrolliert, sie misst – viele Zahlen füllen den Block der Mitarbeiterin von Heraeus Bitterfeld. „Die Daten werden für die mechanische Bearbeitung der Glaskörper benötigt“, erklärt sie.
Denn jeder der Zylinder aus synthetischem Quarzglas muss exakt die gleichen Maße aufweisen, damit er beim Kunden in rund 7.000 Kilometer Glasfaserkabel verwandelt werden kann.
Einen zweistelligen Millionenbetrag in neues Werk investiert
Petra Stein und ihre 530 Kollegen haben gut zu tun. Überall auf der Welt ersetzen die schnellen Glasfaserkabel die langsamen Leitungen aus Kupfer. Zudem werden viele neue Verbindungen gelegt, damit der Bedarf von Industrie und Privatleuten an ultraschnellen und hochleistungsfähigen Netzen gedeckt werden kann.
„Die Nachfrage ist seit Jahren riesig“, sagt Werkleiter Hagen Sandner, „wir arbeiten an der Kapazitätsgrenze.“ Deshalb werde Heraeus hier „für eine zweistellige Millionensumme ein komplett neues Werk errichten“. Das wird die Position des Weltmarktführers aus Bitterfeld weiter stärken.
Der globale Bedarf 2016 summierte sich auf über 400 Millionen Kilometer, das entspricht einem Jahresbedarf von etwa 12.500 Tonnen synthetischem Quarzglas. „Fast ein Drittel dieses Glases kommt von uns“, so Sandner, „etwa vier Kilometer Glasfasern werden sekündlich weltweit aus unserem Material hergestellt.“
Schon 2018 soll das neue Werk, das mit weiterentwickelter Technologie betrieben wird, eröffnet werden. Weitere 60 bis 70 Mitarbeiter werden eingestellt, zudem wird verstärkt ausgebildet.
Die Fertigung der Glaszylinder ist eine komplexe Geschichte. Sie bestehen aus hochreinem Silizium-Dioxid, das sich Tröpfchen für Tröpfchen als Nanopartikel auf einen Träger absetzt. „Das poröse Glas wird dann getrocknet und bei etwa 1.500 Grad zu einem transparenten Körper gesintert“, erklärt Werkleiter Sandner.
Nach der mechanischen Bearbeitung werden sie an Glasfaser-Hersteller in aller Welt geliefert; nach China zum Beispiel, in die USA und neuerdings auch nach Indien.
Dort wird der Hohlzylinder mit einem Kern aus lichtleitendem Glas versehen und in einem Faserziehturm aufgeschmolzen, ummantelt und mit 120 Stundenkilometern abgezogen. Aus dieser Vorform von Kern und Mantel lassen sich dann rund 7.000 Kilometer Glasfaser am Stück ziehen.
Um Nachwuchs und neue Leute für Heraeus zu gewinnen, ist Personalchefin Stefanie Schmidt-Pforte ständig unterwegs, stellt an Schulen, Gymnasien und Hochschulen das Unternehmen vor. Neben einem interessanten Job mit Tariflohn hat sie weitere Argumente.
Ausgezeichnet für Familienfreundlichkeit
„Das sind angepasste Arbeitszeitmodelle, Elternzeit, Familienservice, ein Lebensphasen-Arbeitszeitkonto“, zählt Schmidt-Pforte einige Details des „LephA Tarifvertrags plus“ auf. Der gilt bei Heraeus mittels Betriebsvereinbarung jetzt sogar bundesweit. Nicht umsonst wurde das Werk 2016 vom Landkreis Anhalt-Bitterfeld als familienfreundliches Unternehmen ausgezeichnet.