Berlin. Jetzt, im Frühjahr, möchte so mancher seinen Wänden frische Farbe verpassen lassen. Und wird sich wundern! „Die Auftragsvorlaufzeit beträgt im Schnitt zehn Wochen“, sagt Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.
Derart langes Warten auf den Maler oder Klempner ist für Kunden natürlich ärgerlich. Doch auch die Branche selbst leidet unter den Schattenseiten des brummenden Geschäfts: Noch nie waren Fachkräfte so knapp wie jetzt.
Von alleine wird das nicht besser. Gab es 2015 noch 45,8 Millionen Einwohner im erwerbsfähigen Alter, werden es 2030 nur noch 44,5 Millionen sein. Das prognostiziert das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg.
Aktuell haben vier von zehn Handwerksbetrieben Probleme, Personal zu finden. Nach amtlichen Daten gehören zu den zehn Berufen mit dem größten Engpass neben Pflegepersonal auch Sanitär- und Heizungstechniker: Auf 100 gemeldete offene Stellen kommen da nur 35 Arbeitslose.
„Eine gesteuerte Zuwanderung ist unerlässlich“
Nachwuchs ist knapp. Zählte das Handwerk vor zehn Jahren knapp 480.000 Azubis, so sind es heute noch rund 363.000 – ein dramatischer Rückgang. Womöglich noch schlimmer trifft die Branche, dass ausgebildete Fachkräfte immer öfter abwandern. Eine für die Hans-Böckler-Stiftung erstellte Studie zeigt auf: Jeder dritte Handwerker wechselt nach der Lehre in die Industrie, dort sind die Löhne deutlich höher.
Was Handwerk und Industrie in Sachen Personalmangel gleichermaßen helfen könnte: erstens eine generell längere Lebensarbeitszeit. Zweitens eine stärkere Beteiligung der Frauen am Erwerbsleben. Drittens das „Fachkräfteeinwanderungsgesetz“, das sich die neue Bundesregierung laut Koalitionsvertrag vorgenommen hat. Wollseifer begrüßt das ausdrücklich: „Eine gesteuerte arbeitsmarktorientierte Zuwanderung ist unerlässlich“, sagt er, „wenn wir langfristig Wachstum und Wohlstand sichern wollen.“