München. Unsere Industrie hat nach wie vor Zukunft. Dies ist das Ergebnis der Studie „Industriestandort Deutschland und Bayern 2030“. Die Schweizer Beratungsfirma Prognos hat sie im Auftrag der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) erstellt. Im Rahmen der deutschlandweiten „Woche der Industrie“ wurde sie nun auf einem Kongress in München vorgestellt.
„Die deutsche Industrie hat gute Chancen, um in einem zunehmend wettbewerbsintensiveren Umfeld zu bestehen und eine Führungsrolle einzunehmen“, schreiben die Wirtschaftsforscher in ihrer Studie. Diese Chancen könnten aber nur genutzt werden, wenn Wirtschaft und Politik mitziehen: Es gelte, flexibel auf Entwicklungen in den Bereichen Globalisierung, Digitalisierung oder Demografie zu reagieren.
Die Experten sind also optimistisch – obwohl auf unser Land ein großes Problem zukommt: die Alterung der Gesellschaft und damit knapper werdende Arbeitskräfte. 2030 werden in Deutschland laut Prognos im Vergleich zu heute rund vier Millionen weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter sein.
Verlass ist dagegen weiterhin auf die deutsche Exportstärke. Wie bisher dürfte der deutschen Industrie auch in den kommenden Jahren zugutekommen, dass ihre Produkte in den aufstrebenden Regionen der Welt sehr gefragt sind. In den Schwellenländern steigt laut Studie bis 2030 der Importbedarf an Industriegütern im Schnitt um jährlich 4 Prozent. In den Industrieländern sind es nur 2,5 Prozent.
Davon profitiert auch Bayerns Industrie. Ihre Bruttowertschöpfung wird laut Prognos bis 2030 um jährlich 1,1 Prozent steigen. Die Aussichten für die im Freistaat besonders wichtigen Branchen sind noch deutlich besser: Die Elektroindustrie wächst um durchschnittlich 1,6 Prozent im Jahr, Kraftwagenbau und Maschinenbau um 1,5 Prozent.
Entscheidenden Einfluss auf die weitere Entwicklung der deutschen Industrie wird laut Prognos die Digitalisierung haben. Sie verfüge über „das Potenzial, die Produktionsprozesse und Wertschöpfungsketten und damit tatsächlich Struktur und Gestalt der Industrie grundlegend zu ändern“, heißt es in der Studie.
Dazu gehört etwa, dass in Zukunft die Grenzen zwischen Branchen und Sektoren einer Volkswirtschaft immer mehr verschwimmen, insbesondere zwischen Industrie und Dienstleistung. Das Erstellen von Gütern, so Prognos, werde in zukünftigen Querschnittsbranchen „jedoch nicht an Bedeutung verlieren, sondern oft den produktiven Kern dieser Querschnittsbranchen bilden“.
Die Studie benennt zudem viele Bereiche, in denen die Industrie auf die richtigen Rahmenbedingungen und auf Investitionen des Staates angewiesen ist. Dabei geht es unter anderem um die Infrastruktur in den Bereichen Bildung, IT, Energie und Verkehr. Wie schädlich schlechte Rahmenbedingungen sind, hat Prognos beispielhaft berechnet. Dazu wurde ein fiktives Negativ-Szenario entwickelt und mit der Basis-Prognose bis 2030 verglichen.
Schlechte Weichenstellung würde Jobs gefährden
Die vier Annahmen des Szenarios: Die Nominallöhne steigen jedes Jahr um 1 Prozent stärker als im Basismodell, die Indikatoren für Investitionsbedingungen verschlechtern sich im Vergleich zu heute um 5 Prozent, die Unternehmenssteuern werden um 3 Prozentpunkte angehoben, und neue Handelshemmnisse verteuern den Warenverkehr um 0,1 Prozent jährlich.
Die Folge dieses Szenarios wäre laut Studie ein beträchtlicher Wohlstandsverlust. Das Bruttoinlandsprodukt würde 2030 um rund 124 Milliarden Euro niedriger liegen als im Basisszenario. Und die Weichenstellung dürften etwa 300.000 Arbeitsplätze kosten – davon allein 120.000 in der Industrie.