Mit einem Zischen schießt der braune Wellpappenbogen in den Zufuhrkanal der Flexodruckmaschine. Erstes Druckwerk: Die Walzen drücken – wie bei einem Stempel – weiße Farbe auf bestimmte Stellen der Wellpappe. Zweites Druckwerk: Die übrigen Flächen erhalten einen ockerfarbenen Druck. Dann übernehmen kleine Gummirädchen, die in den farbigen Bogen an bestimmten Stellen Rillen drücken. „Dort wird der Bogen später gefaltet und es entsteht ein Karton“, erklärt Steffen Würth, Geschäftsführer von Straub-Verpackungen beim aktiv-Besuch.
Der weiß-ockerfarbene Bogen, den Würth aus der Maschine zieht, gehört zum vielseitigen Angebot des Verpackungsspezialisten aus Bräunlingen im Schwarzwald. Das beginnt bei Versand- und Gefahrgutverpackungen, reicht über bunt bedruckte Verkaufsdisplays, Flaschenverpackungen und Faltschachteln bis hin zu Kühlverpackungen, bei denen eine besondere Isolierung der Wellpappe fürs richtige Klima sorgt.
Hochwertig und praktisch– so soll eine Verpackung sein
Der weiß-ockerfarbene Wellpappenbogen etwa dient in wenigen Tagen womöglich als sogenannte Shelf-Ready-Verpackung (auf Deutsch: regalfertige Verpackung) einer Käsemarke im Verkaufsregal eines Supermarkts. „Er ist schnell aufreißbar, also bedienerfreundlich fürs Personal, präsentiert dem Kunden die Ware dennoch sehr ansprechend und schützt das Packgut“, sagt Würth. Praktisch und hochwertig – so soll es sein. Etwa ein Fünftel des Umsatzes von zuletzt knapp 150 Millionen Euro macht das Familienunternehmen mit solchen oder ähnlichen Verpackungen für den Bereich Nahrungs- und Genussmittel.
Verpackungen für Käse und andere Lebensmittel hatte Firmengründer Franz Anton Straub vermutlich nicht im Sinn, als er Mitte der 1820er Jahre den Grundstein für das heutige Unternehmen legte. Der 200-jährige Firmengeburtstag wurde im Sommer mit einem großen Fest gefeiert.
„Als Müller kaufte er genau hier am Standort die Stadtmühle“, sagt Würth. Unter dem Werk – in dem heute die Flexodruck- und Inliner-Maschinen stehen sowie die 120 Meter lange Wellpappenproduktionsanlage (WPA), die jährlich fast 220 Millionen Quadratmeter Wellpappe produziert – fließt heute noch der Fluss, an dem einst die Mühle stand, natürlich längst kanalisiert. Auf dem Speicher der Mühle wurden 1925 die ersten Wellpappenbögen hergestellt – mit einer selbst gebauten Anlage! „Das war der Einstieg ins Verpackungsgeschäft“, sagt Würth, der heute mit seinem Cousin Volker Würth die Geschicke des Familienunternehmens in siebter Generation lenkt. Inzwischen hat es über 640 Mitarbeiter.
Die Papierrollen liefert das eigene Papierwerk
Das liegt auch daran, dass die Straub-Gruppe in den vergangenen Jahren stetig gewachsen ist. Fünf Tochterunternehmen bedienen heute entlang der gesamten Wertschöpfungskette die vier Produktions- und Verarbeitungsstandorte in Bräunlingen und dem benachbarten Blumberg. Für den Papiernachschub an der WPA sorgt etwa das Papierwerk Vreden aus dem westlichen Münsterland, das Straub 2014 übernommen hat. Täglich füllen die von dort kommenden Lkws das Lager mit recyceltem Wellpappenrohpapier. Straubs Verpackungen bestehen zu 80 Prozent aus diesem Vorprodukt.
Je nachdem, welche Qualität und Breite benötigt wird, spleißt Elvis Cazaciuc die schweren Papierrollen an der WPA. „Das muss binnen zwei, drei Minuten erledigt sein, sonst läuft die Anlage leer“, sagt der gelernte Verpackungsmittelmechaniker (heute Packmitteltechnologe). Am Ende der Anlage, die das Papier auf fünf Arten wellen kann, werden die verklebten Bögen aufgeschichtet. Anschließend gelangen sie über Rollböden und Transferwagen ins Zwischenlager – bereit für die Weiterverarbeitung.
„Wir wollen Arbeitsabläufe straffen und die Produktion entzerren“
Steffen Würth, Geschäftsführer Straub
Die soll sich bald massiv verändern. Denn die Bräunlinger haben im Hauptwerk ein Platzproblem. „Es ist hier schlicht zu eng“, sagt Würth und zeigt in die Halle, die größer ist als ein Fußballfeld. Dicht an dicht stehen dort Flexodruck- und Inliner-Anlagen, Stanz- und Faltschachtelklebemaschinen. „Wir wollen Arbeitsabläufe straffen und die Produktion entzerren“, sagt Würth. Dafür bauen die Bräunlinger jetzt unweit der Firmenzentrale neue Produktions- und Lagerflächen – auf dem Gelände einer ehemaligen Garnfabrik, auf knapp 20.000 Quadratmetern.
Anlagen ziehen bald in neue Gebäude um
Mit einer Summe von gut 50 Millionen Euro sei das die größte Einzelinvestition in der Unternehmensgeschichte, erklärt der Firmenchef. Im Sommer 2026 soll der Standort in Betrieb gehen. Dann ziehen einige Anlagen aus Standorten in Bräunlingen und Blumberg um. „Wir investieren hier für die nächste Generation, damit sie einen guten Start hat“, sagt der Familienunternehmer. Seine Vision? Ein gesunder Mittelständler mit effizienten Prozessen, der stetig Geld verdient und mäßig wächst. Würth: „So können wir auch in Zukunft investieren, Arbeitsplätze erhalten und schaffen.“

Anja van Marwick-Ebner ist die aktiv-Expertin für die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie. Sie berichtet vor allem aus deren Betrieben sowie über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach der Ausbildung zur Steuerfachgehilfin studierte sie VWL und volontierte unter anderem bei der „Deutschen Handwerks Zeitung“. Den Weg von ihrem Wohnort Leverkusen zur aktiv-Redaktion in Köln reitet sie am liebsten auf ihrem Steckenpferd: einem E-Bike.
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