Bitterfeld-Wolfen. Beim Spezialchemie-Unternehmen Evonik in Bitterfeld-Wolfen dreht sich alles um Flüssigkeiten. An der Abfüllstation stehen Kesselwagen, eine Rohrleitung führt zum Nachbarbetrieb: „Wir produzieren hochreines Trichlorsilan und Tetrachlorsilan“, sagt Betriebsstättenleiter Jens Piotraschke.
Es sind Ausgangsstoffe für schnelle Mikrochips und Glasfaserkabel für Highspeed-Internet. Diese Grundlagen moderner Kommunikationstechnologie werden auf der Basis von Silizium hergestellt. Da reines Silizium jedoch fest und spröde ist, ließe es sich für diese Zwecke ohne einen Trick kaum verarbeiten.
Und so geht’s: „Indem wir die Silizium-Atome mit Chlor und Wasserstoff verbinden, wird das Material flüssig“, erklärt Piotraschke. Der Aufwand dafür ist beträchtlich, aber notwendig. Chlorwasserstoff wird über metallurgisches Silizium geleitet. Dabei entstehen die gasförmigen Silane, die anschließend aufgereinigt und mehrfach destilliert werden müssen. Erst dann taugen sie – fast ohne Fremd-atome – zur Verarbeitung.
Seit 1998 ist die Anlage in Bitterfeld in Betrieb, mehrere Zehntausend Tonnen des „Flüssigsiliziums“ stellen die 42 Beschäftigten jährlich her. Ein erheblicher Teil vom Tetrachlorsilan geht per Rohrleitung wenige Hundert Meter weiter zum Werk von Heraeus Quarzglas. Es stellt daraus Glaskörper her, aus denen man Glasfaserkabel zieht. Ein Teil der Produktionsmenge wird laut Piotraschke „weltweit exportiert, ist Ausgangsstoff für Halbleiter und andere Hightech-Produkte“.
Das Team von Evonik Bitterfeld arbeitet rund um die Uhr, nur einmal im Jahr wird die Anlage zur Wartung für etwa 14 Tage abgestellt. „Das koordinieren wir mit dem Chlorwerk von AkzoNobel, unserem Lieferanten für Chlorwasserstoff“, so der Leiter der Betriebsstätte. Das ist ein kurzer Weg, denn dieses Werk steht gleich gegenüber an der Straße.
Kurze Wege hat Jens Piotraschke übrigens auch zu seinen Dienstleistern. Ob es um Wartungen und Reparaturen in der Fabrik, Ausbildung, Arbeitsschutz und Sicherheit, die Energie- und Wasserversorgung, Abwasser oder die Eisenbahn-Logistik geht: Das Unternehmen nutzt die ausgefeilte Infrastruktur des Chemieparks und setzt auf die Kompetenz in der Region.
Ein Viertel der Belegschaft sind Frauen, acht der Mitarbeiter sind Azubis, alles angehende Chemikanten. „Wir bilden gerne selber aus, weil wir so sicherstellen können, dass die jungen Leute nach der Lehre ihre Aufgaben bei uns wirklich beherrschen“, betont Piotraschke.