Berlin. Gute Nachricht vorweg: In den letzten zehn Jahren ist die direkte Tarifbindung der Metall- und Elektro-Industrie (M+E) nicht weiter gesunken. Nach wie vor arbeitet jeder zweite Mitarbeiter in einem Betrieb, für den der Flächentarifvertrag gilt.

Fürs Jahr 2017 weist die jüngste Statistik da 47,3 Prozent aus, im Jahr 2009 waren es 48,1 Prozent. Und weil viele Belegschaften in den letzten Jahren deutlich gewachsen sind, ist die absolute Zahl der direkt tarifgebundenen Mitarbeiter sogar gestiegen: Immerhin knapp zwei Millionen Menschen sind es nun.

Außerdem orientieren sich sehr viele (oft kleinere) Betriebe an den Tarifregeln, ohne sie alle 1 : 1 anzuwenden. Was Arbeitgeber und Gewerkschaften aushandeln, ist daher für rund zwei Drittel der M+E-Betriebe von Bedeutung.

Klassische Vorteile des Flächentarifs: Er schafft stabile, oft langfristig berechenbare Regeln – und die Friedenspflicht während der Laufzeit sichert ruckelfreie Abläufe in den Wertschöpfungsketten. Dennoch: Viele Unternehmen machen nicht mit – warum?

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Studie: Aus Sicht vieler Unternehmen gibt der Tarifvertrag zu hohe Entgelte vor

Das zeigte kürzlich eine Befragung von mehr als 1.500 M+E-Unternehmen im Lande (die Ergebnisse hat das Institut der deutschen Wirtschaft in einer Kurzstudie veröffentlicht). Sechs von zehn nicht tarifgebundenen Firmen stören sich demnach an der „Höhe der Entgelte insgesamt“ sowie am Punkt „Tarifliches Arbeitszeitvolumen“. Zugespitzt: Der Tarifvertrag bezahlt aus Sicht vieler Firmen zu wenig Arbeitsstunden mit zu viel Geld (dass bei M+E selbst einfachste Tätigkeiten vergleichsweise sehr gut bezahlt sind, ist ja kein Geheimnis).

Ein Tarifwerk sollte nur Mindestbedingungen regeln

Um die Tarifbindung attraktiver zu machen, müsse eine simple Wahrheit wieder gelten, folgert Rainer Dulger, Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall: „Unternehmen müssen die Mitgliedschaft in einem Tarifverband, die ja freiwillig ist, als Vorteil empfinden“, sagt er. „Wir müssen es daher schaffen, den Tarifvertrag wieder auf Mindestbedingungen zurückzuführen! Unternehmen, denen es sehr gut geht, können ja betrieblich freiwillig draufsatteln. Wenn die Gewerkschaft aber weiterhin auf Maximalbedingungen setzt, wird das die Tarifbindung schwächen.“

„Der Tarifvertrag der Zukunft muss einfacher und flexibler sein“

Zudem überfordere das komplette, teils knifflige Regelwerk kleinere Betriebe, räumt Dulger ein. „Der Tarifvertrag der Zukunft muss also einfacher und flexibler sein“, betont er – und so gestaltet, dass man die „Module“ auch nur teilweise anwenden kann, wie es eben jeweils für den Betrieb passt.

Übrigens: Auch der Gewerkschaft gelingt es nicht, ihren Organisationsgrad zu steigern. Zwar legte die Zahl der IG-Metall-Mitglieder über alle ihre Branchen (darunter zum Beispiel auch Holz und Textil) 2018 um 0,35 Prozent zu – aber die Zahl der Beschäftigten in der M+E-Industrie ist zugleich um 2,48 Prozent gestiegen.