Wenn Stefan Cramer über seine Arbeit spricht, merkt man sofort: Der 55-Jährige ist ein Kommunikationsprofi und findet die richtigen Worte, um Menschen mitzunehmen und zu motivieren.
Das ist unabdingbar in seinem Arbeitsalltag: Er ist Teil der Geschäftsführung des Lackspezialisten PPG Wörwag und Bereichsleiter für den Vertrieb. „Kommunikation ist das A und O für mich, nur mit ständigem Austausch kann ich den Kontakt zu Mitarbeitern und Kunden halten und pflegen“, sagt Cramer.
Das Unternehmen entwickelt und produziert an den Standorten Korntal-Münchingen, Zuffenhausen und Renningen Flüssig- und Pulverlacke sowie Lackfolien. Viel davon geht an die Automotive-Industrie, bei Beschichtungen für außen angebrachte Kunststoffanbauteile wie Stoßfänger oder Spiegel ist PPG einer der Marktführer.
Erwartungen eindeutig formulieren
Die Autohersteller und ihre Zulieferer sind anspruchsvolle Kunden, wie Cramer erklärt: „Wir arbeiten in einem extrem dynamischen Umfeld, da passiert einfach sehr viel und wir sind in der Lage, neue chemische Lösungen zu entwickeln. Die E-Mobilität erfordert beispielsweise neue Produkte, da in einem E-Auto richtig viel Strom fließt. Wir haben deshalb unter anderem stromisolierende Beschichtungen entwickelt. Die werden auf Batteriekomponenten und Gehäuse aufgetragen und verhindern Kurzschlüsse und Brände.“
Cramer ist im ständigen Austausch mit Kollegen. Zu seinem Team gehören 45 Mitarbeiter, die sich als Account-Manager um den Aufbau, die Pflege und die Weiterentwicklung von Kundenbeziehungen kümmern.
Regelmäßige Treffen mit strukturierter Tagesordnung sind für ihn genauso selbstverständlich wie das kurze informelle Gespräch über die Sportergebnisse vom Wochenende auf dem Büroflur.
„Ich bin überzeugt davon, dass der direkte Kontakt, also auch die Präsenz im Büro, unglaublich wichtig ist“, betont Cramer. „In der Coronazeit wurde das sehr deutlich, da ging viel verloren.“
Auch beim Kundenkontakt setzt Cramer auf persönliche Treffen. Sein Reisepass ist voll mit Stempeln, seine Dienstreisen führen ihn in Länder von Großbritannien bis Rumänien, nach Dubai oder Südafrika. Dabei setzt er weltweit auf eine Gesprächsstrategie: „Klar benennen, was man will. Erwartungen eindeutig formulieren und nicht davon ausgehen, dass der andere schon das Richtige zwischen den Zeilen rausliest. Und bloß nicht um den heißen Brei herumreden“, rät er.
Trifft er sich mit Kollegen und Kunden, sind ihm auch die Momente abseits der offiziellen Programmpunkte wichtig. „Bei einem Treffen in Prag haben wir eine gemeinsame Stadtführung gemacht oder hier in Deutschland nach einem langen Tag Minigolf gespielt – und hatten dabei mehr Spaß und einen besseren Austausch als bei einem komplett durchgeplanten Riesenevent.“
Benefiz-Aktion stärkt den Gemeinschaftsgeist
Und er packt mit an, im wahrsten Sinne des Wortes: Im vergangenen Jahr griff er zusammen mit rund 160 Mitarbeitern zu Pinsel und Farbeimer, um in fünf Tagen der Gemeinschaftsschule in Weilimdorf innen und außen einen komplett neuen Anstrich zu verpassen.
„Es war unglaublich, mit wie viel Elan die Mitarbeiter zu Werke gingen. Diese Benefiz-Aktion hat unser Gemeinschaftsgefühl sehr gestärkt“, schwärmt der Geschäftsführer.
Ursprünglich wollte Cramer, der Maschinenbau studiert hat, gar nicht in die Chemie. Lange war er bei verschiedenen Automobil-Zulieferern tätig und für Motor- und Kühlungskomponenten für Pkws und Lkws zuständig. „Doch dann wurde meine Faszination für die Farbe geweckt, für Lkws gibt es nicht nur 20 Farben zur Auswahl, sondern Hunderte!“
Die Anforderungen an Autolacke sind hoch
Dass in Deutschland überwiegend Autos in klassischen Farben wie Weiß, Grau und Schwarz beliebt sind, findet Cramer schade. Selbst fuhr er jahrelang einen knallgelben Ford Mustang – und erklärt an diesem Beispiel gleich anschaulich, wie die Farbe aufgebaut ist: „Was wir als Gelb wahrnehmen, besteht aus mehreren Schichten: einem Korrosionsschutz, bei dem die Karosserie mit einem elektrochemischen Verfahren in einem Tauchbad beschichtet wird. Füller sorgen für eine glatte Oberfläche, dann kommt die Farbe. Und zum Schluss wird zum Schutz ein Klarlack aufgetragen.“
Doch es sind die Details, die es kniffelig machen: So müssen zum Beispiel Sensor-Signale durch mehrere Schichten dringen, damit in den Stoßfängern verbaute Parkassistenten und Abstandswarner funktionieren.
Die Signale, häufig elektromagnetische Wellen, müssen jede dieser Schichten zweimal durchqueren, einmal beim Aussenden und einmal beim Empfangen. Kunststoffteile wie Spiegel oder Spoiler müssen exakt denselben Farbton haben wie die Metall-Karosserie – und diese auch unter UV-Strahlung von der Sonne und anderen Witterungseinflüssen beibehalten.
Neue Aufgaben, neue Kollegen, neue Kunden
Und künftig kommen weitere Aufgaben, neue Kollegen und Kunden auf Stefan Cramer zu: Er wird auch die Geschäftsführung von PPG Cetelon übernehmen.
Mit dem Stuttgarter Hersteller von Beschichtungen für Auto- und Leicht-Lkw-Felgen hat PPG sein Angebot im Jahr 2021 rund um die Farben fürs Auto erweitert.
Das Unternehmen
- PPG ist einer der weltweit größten Hersteller von Farben, Lacken und Beschichtungen.
- Seit rund 140 Jahren beschichtet PPG nahezu alles von Kraftfahrzeugen, Flugzeugen, Windturbinenschaufeln, Schiffen, Trinkwassertanks, Konsumgütern bis hin zu Wohn- und Bürogebäuden.
- Das Unternehmen mit Hauptsitz in Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania ist in mehr als 70 Ländern tätig.
- In Deutschland hat PPG mehr als zehn Standorte in fünf Bundesländern mit insgesamt rund 2.000 Mitarbeitern.
- Seit 2021 gehört Wörwag mit den Standorten Korntal-Münchingen, Renningen und Zuffenhausen zu PPG.
- Die Beschäftigten an diesen Standorten entwickeln und produzieren Flüssig- und Pulverlacke sowie Lackfolien für die Industrie.
Nach dem Germanistik- und Anglistik-Studium absolvierte Andrea Veyhle ein Volontariat und arbeitete für eine Agentur. Seit 2007 ist sie freiberuflich für verschiedene Verlage tätig. Für aktiv berichtet sie in Reportagen über die Chemie in Baden-Württemberg und stellt mit Porträts die vielseitigen Berufsbilder der Branche vor. Außerdem erklärt sie, wo uns chemische Produkte im Alltag begegnen. In ihrer Freizeit experimentiert sie gerne in der Küche, Kalorien strampelt sie auf dem Rennrad wieder ab.
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