Die gemeinsame Handelspolitik der EU

Der aktuelle Zollstreit mit den USA erhitzt die Gemüter. Für unsere Zölle und für Handelsabkommen ist schon lange nicht mehr Deutschland selbst zuständig, sondern die EU. Festgeschrieben ist das im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, der eine gemeinsame Handelspolitik vorsieht: etwa

  • „für die Änderung von Zollsätzen, den Abschluss von Zoll- und Handelsabkommen und für die Handelsaspekte des geistigen Eigentums“ und
  • „für die Ausfuhrpolitik sowie die handelspolitischen Schutzmaßnahmen, zum Beispiel im Fall von Dumping.

Es gibt immer mehr Handelsabkommen

Als Hüterin des freien Handels weltweit soll die Welthandelsorganisation (kurz WTO) agieren. Die WTO soll auch Streitfälle schlichten.

Allerdings sind viele der WTO-Regeln veraltet. Das ist allein schon deshalb der Fall, weil für Änderungen die Einstimmigkeit der 166 WTO-Mitglieder nötig ist.

Darum verbreiten sich zusätzliche Handelsabkommen. Auch die EU treibt solche Handelsvereinbarungen mit bestimmten Wunschpartnern voran.

Beispiele für neue Handelsabkommen der EU

Weniger Zölle zwischen der EU und Ländern Südamerikas:

  • Im Dezember 2024 einigten sich die EU sowie die Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay auf ein Freihandelsabkommen. Die Parlamente der beteiligten Länder müssen es noch bestätigen. Das Mercosur-Abkommen soll vor allem Zölle weitgehend abbauen.
  • Ein ähnliches Abkommen mit Chile gibt es seit Februar 2025.

Freierer Handel mit asiatischen Ländern:

  • Schon seit Februar 2019 gilt das Freihandels- und Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und Japan. Es schafft viele Zölle und andere teure Handelshemmnisse ab.
  • Ein Freihandelsabkommen mit Vietnam ist seit 2020 in Kraft.
  • Die Verhandlungen der EU mit Indien haben kürzlich neuen Schub bekommen, ebenso ein geplantes Abkommen mit Malaysia.

Mehr Schwung im Handel mit klassischen Partnern:

  • Seit 2021 gilt das Handels- und Kooperationsabkommen mit Großbritannien, das durch den EU-Austritt der Briten nötig geworden war.
  • Das Abkommen CETA mit Kanada wird seit Herbst 2017 vorläufig angewendet (es ist aber noch nicht vollständig ratifiziert).

Gibt es innerhalb der EU Zölle auf Waren?

Innerhalb der EU gibt es grundsätzlich keine Zölle. Die Europäische Zollunion besteht bereits seit 1968. Das bedeutet: Innerhalb der EU sind Waren zollfrei. Von diesem Prinzip gibt es nur sehr wenige Ausnahmen. Die EU-Mitgliedsstaaten erheben für Waren von außerhalb einheitliche Außenzölle.

Den EU-Binnenmarkt gibt es seit 1993. Er geht weit über Zollfreiheit hinaus. Kennzeichnend für den EU-Binnenmarkt sind diese vier Freiheiten:

  • freier Warenverkehr,
  • freier Austausch von Dienstleistungen,
  • Personenverkehrsfreiheit – wer in der EU lebt, kann in jedem anderen EU-Land wohnen und arbeiten,
  • freier Kapitalverkehr.

Die EU ist für Deutschland sehr wichtig: Mehr als die Hälfte der deutschen Exporte geht in andere EU-Länder.

Thomas Hofinger
Chef vom Dienst aktiv

Thomas Hofinger schreibt über Wirtschafts-, Sozial- und Tarifpolitik – und betreut die Ratgeber rund ums Geld. Nach einer Banklehre sowie dem Studium der VWL und der Geschichte machte er sein Volontariat bei einer großen Tageszeitung. Es folgten einige Berufsjahre als Redakteur und eine lange Elternzeit. 2006 heuerte Hofinger bei Deutschlands größter Wirtschaftszeitung aktiv an. In seiner Freizeit spielt er Schach und liest, gerne auch Comics.

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