Mittlerweile sind die schnittigen E-Autos öfter auf den Straßen zu sehen. Damit steigt auch das Interesse an einer gebrauchten Variante der akkubetriebenen Fahrzeuge. Heinz-Gerd Lehmann, Technik-Experte des ADAC Nordrhein, erklärt, worauf Käufer eines gebrauchten Elektrischen besonders achten sollten.

Ein absolutes Muss: Die Akkuleistung des Elektroautos überprüfen lassen

„Was ist mit der Batterie los? Das ist das Wichtigste, was der Käufer wissen muss“, sagt Lehmann. Denn der Akku ist mit Kosten von 8.000 Euro und mehr das teuerste Teil am Elektroauto. Taugt der Akku also nichts, „ist man ganz schnell bei einem wirtschaftlichen Totalschaden“, so Lehmann.

Aufschluss darüber, wie fit der Akku ist, gibt der „State-of-Health“-Wert (SoH), auch Gesundheitszustand genannt. Dieser Wert wird in Prozent angegeben und informiert darüber, in welchem Alterungszustand sich die Batterie im Vergleich zu ihrem Neuwert befindet. Damit kann man Rückschlüsse auf ihre aktuelle Kapazität und Leistungsfähigkeit ziehen. Verfügt eine Batterie mit einer ursprünglichen Kapazität von 50 Kilowattstunden nur noch über einen SoH-Wert von 90 Prozent, liegt ihr Energiegehalt nur noch bei maximal 45 Kilowattstunden. „Wenn die Kapazität schlecht ist, muss der Käufer ständig nachladen, das ist wie beim Handy auch“, sagt der ADAC-Experte. Und je häufiger ein Fahrzeug schnell geladen werde, desto eher verliere es auch an Kapazität. Unterm Strich sollte der SoH-Wert laut Lehmann nicht unter 80 Prozent liegen. Insgesamt beträgt die Lebensdauer eines Lithium-Ionen-Akkus acht bis zehn Jahre beziehungsweise 1.500 bis 3.000 Ladezyklen.

Der Akku-Test eines Elektroautos sollte in einer Markenwerkstatt gemacht werden

Das Problem ist, dass noch kein unkomplizierter und markenunabhängiger Batterietest entwickelt wurde. Das heißt: Wer den Gesundheitszustand des Akkus in Erfahrung bringen will, muss das Gebrauchtfahrzeug in einer Markenwerkstatt untersuchen lassen. Die Kosten dafür liegen bei 30 bis 60 Euro.

Alternativ könne sich der Kaufinteressent aber auch vom Verkäufer einen Batterietest aushändigen lassen, sagt der Technik-Experte. Auch das Serviceheft, das mittlerweile meistens elektronisch von den Vertragswerkstätten geführt wird, sollte nicht vergessen werden. „Das sollte man sich ausgedruckt geben lassen, damit Garantieleistungen nicht verfallen“, so Heinz-Gerd Lehmann. Die Garantie für die Batterie zum Beispiel liege in vielen Fällen bei fünf Jahren: „Dafür ist es besonders wichtig, dass das Serviceheft stimmt.“

Wenn der Akku vom Vorbesitzer nur gemietet wurde, kann der Mietvertrag unter Umständen auf den Käufer übertragen werden. „Je nach Vertrag wird die Batterie bei Defekten oder besonders geringer Leistungsfähigkeit auch vom Hersteller ausgetauscht.“

Reifen und Bremsen: Auch ein Elektroauto hat Verschleißteile

Generell gelten E-Autos als weniger verschleißanfällig als Verbrenner, Laufleistungen von bis zu 200.000 Kilometern oder mehr sind keine Seltenheit. Rost kann natürlich auch hier zum Problem werden. Aber die Technik ist robuster, weil weniger Teile verbaut werden. „Allein beim Antrieb haben wir beim Verbrenner rund 1.400 Teile, beim Elektroantrieb jedoch nur 230“, sagt Kfz-Meister Lehmann. Es gebe weder ein Getriebe noch einen Auspuff oder einen Katalysator.

Dennoch gilt es, bei gebrauchten Elektro-Fahrzeugen auf ein paar Besonderheiten zu achten. Die Bremsen eines E-Autos verschleißen zum Beispiel schneller als bei Autos mit Verbrennungsmotor. Der Grund: Sie werden weniger beansprucht. Wegen der Rekuperation (Energierückgewinnung) ist es möglich, das Elektroauto nur mit dem Gaspedal zu bremsen oder zu beschleunigen. Die eigentliche Bremse kommt dann nur selten zum Einsatz. Die Folge ist, dass Bremsscheiben schneller Rost ansetzen. „Sowohl vorn als auch bei den hinteren Bremsscheiben sollte man auf Korrosion achten“, sagt Lehmann. Lesen Sie auf aktiv-online.de ebenfalls, wie Käufer herkömmlicher Gebrauchtwagen den Zustand prüfen können.

Unter Umständen könnten auch die Reifen von E-Autos schneller verschleißen. „Weil die Kraft, die beim Beschleunigen auf die Straße übertragen wird, bei E-Autos wesentlich höher sein kann als bei herkömmlichen Fahrzeugen.“ Auch auf das Profil der Reifen lohnt sich also ein Blick zu werfen. Der Verschleiß hänge aber mit dem Fahrverhalten des Besitzers zusammen, sagt der ADAC-Fachmann: „Und in der Regel fahren E-Auto-Besitzer sehr verhalten.“

Wichtig fürs schnelle Laden des E-Autos: Funktionierende und passende Ladekabel

Interessenten sollten im Kaufvertrag festhalten, welche Ladekabel mitgeliefert werden. Sie sollten natürlich auch in Ordnung sein und zur Ladekapazität des Autos passen. „Beides entscheidet darüber, wie schnell man laden kann“, sagt Heinz-Gerd Lehmann. Bei einer Ladeleistung von 3,7 Kilowatt dauert der Ladevorgang weitaus länger als bei einer Ladeleistung von 22 Kilowatt. Der Tipp des Fachmanns: „Einfach mal Probe laden, wenn der Verkäufer damit einverstanden ist.“

Das gehört zum Standard: E-Auto Probe fahren

Ohne eine Ausfahrt sollte kein Auto gekauft werden, so der Experte des ADAC. Das gelte natürlich auch für Elektro-Mobile. „Man sollte in verschiedenen Geschwindigkeiten fahren und auch ein Stück auf der Autobahn zurücklegen.“ Besonderes Augenmerk sollten Autokäufer dabei auf ungewöhnliche Geräusche und Vibrationen legen. Die Probefahrt sollte mindestens eine halbe Stunde dauern.

Für ein gebrauchtes E-Auto kann man Geld vom Staat bekommen

Unter bestimmten Voraussetzungen wird auch der Kauf gebrauchter Elektroautos und Plug-in-Hybride vom Staat gefördert. Und zwar mit bis zu 5.000 Euro für reine Stromer und bis zu 3.750 Euro für Plug-in-Hybride. Die Voraussetzung für die Förderung eines gebrauchten E-Fahrzeugs: Es wurde frühestens seit dem 5. November 2019 zugelassen, die Laufleistung beträgt maximal 15.000 Kilometer und für das Auto ist bisher keine staatliche Förderung geflossen. Nähere Informationen über die Voraussetzungen und die Einzelheiten der Antragsstellung finden sich auf der Seite des Bundesamts für Wirtschafts- und Ausfuhrkontrolle bafa.de .

Tobias Christ
Autor

Nach seinem Germanistik-Studium in Siegen und Köln arbeitete Tobias Christ als Redakteur und Pauschalist bei Tageszeitungen wie der „Siegener Zeitung“ oder dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Derzeit schreibt er als freier Journalist Beiträge für Print- oder Onlinemedien. Für aktiv recherchiert er vor allem Ratgeberartikel, etwa rund um die Themen Mobilität und Arbeitsrecht. Privat wandert der Kölner gern oder treibt sich auf Oldtimermessen herum.

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