Ganzlin. Mit fließenden Bewegungen streicht Tobias Lindemann orangene Kunststoff-Stücke in einem Container glatt. „Diese Chips gehen nun ins Mahlwerk“, erklärt er. Dort werden sie auf eine Korngröße zwischen 30 und 60 Mikrometern gebracht. Aus dem Pulver entsteht dann Pulverlack.
Lindemann ist Maschinenführer bei Ganzlin Beschichtungspulver. Das mittelständische Unternehmen aus dem gleichnamigen Ort Ganzlin am Plauer See stellt seit 1993 Pulverlacke her und beschäftigt heute 75 Mitarbeiter.
Die Beschichtungen gibt es in allen denkbaren Farben, in großen und kleinen Mengen, in den unterschiedlichsten Zusammensetzungen. Sie schützen am Ende zahlreiche Gegenstände, zum Beispiel Fahrräder, Traktoren, Innenräume von Schiffen, Leuchten oder Anlagen im Stahl- und Maschinenbau. „Je nach Anwendung stellen spezielle Zusätze gewünschte Eigenschaften wie Glanz, Oberflächenhärte und Struktur sicher“, erklärt Firmengründer André Beckerman. „Oder sie ermöglichen besondere Verarbeitungsbedingungen.“
Der gebürtige Niederländer hat das Unternehmen zum Erfolg geführt. Mehr als 1.300 Kunden europaweit sind der Beweis. Wie schafft man das? „Wir produzieren und liefern schnell, sind flexibel und fertigen auch kleine Mengen“, so Beckerman.
Gearbeitet wird in zwei Schichten von Montag bis Freitag, die Schichtkollegen sind als Team organisiert. Dabei kann im Ernstfall jeder Kollege einspringen: Alle Mitarbeiter in der Produktionshalle beherrschen jede Maschine.
17 der 75 Beschäftigten arbeiten in der Entwicklungsabteilung
Zudem entwickeln die Mecklenburger stetig neue Lacke mit innovativen Eigenschaften. 17 Beschäftigte arbeiten in Labor und Technikum. Jüngstes Produkt ist ein Pulverlack, der antimikrobiell wirkt – er verhindert also, dass sich auf einer Oberfläche Keime ansiedeln. Das wäre etwa für Haushaltsgeräte hilfreich.
Vom Erfolg der Firma – 2015 lag sie im Ranking des Magazins „Wirtschaftswoche“ auf Platz 38 der 50 innovativsten deutschen Mittelständler – profitiert letztendlich auch die Gemeinde.
1 Milliarde Euro setzt die Branche im Land um
Einmal sind es die Arbeitsplätze in der Region. Aber auch das schnelle Internet verdankt Ganzlin dem Betrieb. Und die Gewerbesteuern sorgen für einen ausgeglichenen Gemeinde-Haushalt. „Geteilter Erfolg ist doppelter Erfolg“, sagt Beckerman.
Übrigens: Die Chemie-Branche in Mecklenburg-Vorpommern erwirtschaftete zuletzt laut Statistischem Landesamt rund 1 Milliarde Euro. Insgesamt arbeiten gut 1.900 Mitarbeiter in 18 Chemie-Unternehmen, die Exportquote liegt bei zwei Dritteln.
Schon gewusst?
So funktioniert Pulverlack
- Ein Pulverlack besteht im Grunde aus Kunststoffen, auf Basis von Polyester- und Epoxidharzen – er enthält keine Lösemittel.
- Pigmente sowie diverse Füll- und Zuschlagstoffe bestimmen die Eigenschaften des Lacks.
- Die Herstellung beginnt mit dem Mischen aller Komponenten. Der Mix wird dann extrudiert (unter Wärme verschmolzen), wobei die Bestandteile nicht chemisch reagieren.
- Die erkaltete Schmelze wird zu Chips gebrochen und dann gemahlen.
- Aufgetragen wird Pulverlack mittels Sprühen.
- Elektrostatische Aufladung hält das Pulver am Werkstück, bevor es bei 140 bis 200 Grad Celsius eingebrannt wird.