Wer einen pflegebedürftigen Angehörigen versorgt, will oft nicht vollständig aus dem Beruf aussteigen, sondern lediglich seine Arbeitszeit reduzieren. Darauf hat man einen Anspruch. Das gilt übrigens auch für Beschäftigte, die schon in Teilzeit arbeiten, aber für die Pflege noch weiter mit den Stunden heruntergehen möchten.

Pflegezeit- oder Familienpflegezeitgesetz: Es gibt wichtige Unterschiede

Für den Teilzeitanspruch gibt es zwei gesetzliche Grundlagen. Zum einen das Pflegezeitgesetz und zum anderen das Familienpflegezeitgesetz. Dabei gelten zwar dieselben Grundregeln, in den Details gibt es jedoch wichtige Unterschiede.

Für welche Angehörigen gelten die Gesetze?

Es gilt grundsätzlich für Arbeitnehmer, die nahe Angehörige pflegen. Das Gesetz benennt folgende Personen als nahe Angehörige:

  • Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern
  • Ehepartner, eingetragene Lebenspartner sowie Partner unverheirateter Paare in eheähnlicher Gemeinschaft
  • Geschwister und deren jeweilige Ehepartner / eingetragene Lebenspartner
  • Geschwister des Ehepartners / eingetragenen Lebenspartners sowie auch deren jeweilige Ehepartner / eingetragene Lebenspartner
  • Kinder (auch Adoptiv- oder Pflegekinder) sowie Kinder des Ehepartners / eingetragenen Lebenspartners
  • Enkelkinder und Schwiegerkinder

Grundvoraussetzung für den Teilzeitanspruch: Der Angehörige ist tatsächlich pflegebedürftig

Teilzeit für die Pflege gibt es grundsätzlich nur, wenn der Angehörige auch tatsächlich pflegebedürftig ist. Der Betreffende muss also mindestens den Pflegegrad eins haben. Die entsprechende Bescheinigung der Pflegekasse oder des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) muss man beim Arbeitgeber vorlegen.

Endet die Pflegebedürftigkeit, weil sich der Hilfsbedürftige wieder erholt oder aber stirbt, endet auch die Teilzeit vier Wochen nach diesem Ereignis und man muss wieder zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückkehren.

Der Anspruch: Betreuende können auch parallel für die Pflege Teilzeit nehmen

Jeder Arbeitnehmer hat einen eigenen Teilzeitanspruch. Wenn man sich die Versorgung beispielsweise mit den Geschwistern teilt, darf also jeder bis zur gesetzlichen Höchstdauer in Teilzeit wechseln, entweder gleichzeitig oder nacheinander. Zur Versorgung der hilfsbedürftigen Mutter könnte also zuerst die Tochter ihre Arbeitszeit reduzieren und anschließend der Sohn. Es ist aber auch möglich, dass beide parallel Teilzeit arbeiten, um sich gemeinsam um die Mutter zu kümmern.

Unterstützung während der Pflegezeit durch einen Pflegedienst ist erlaubt

Grundsätzlich muss die Pflege in häuslicher Umgebung stattfinden. Dabei ist es egal, ob man den Angehörigen in seiner Wohnung versorgt oder ob man ihn zu sich nach Hause holt.

Außerdem muss man den hilfsbedürftigen Angehörigen selbst pflegen. Man darf sich dabei nach Angaben des Bundesfamilienministeriums aber von einem Pflegedienst unterstützen lassen. Auch ein kurzfristiger Krankenhausaufenthalt des Pflegebedürftigen ist problemlos möglich.

Freistellung in Teilzeit: Wenn sich die häusliche Situation ändert, ändert sich auch die Regelung

Verschlechtert sich der Zustand so, dass der Angehörige dauerhaft in ein Heim umziehen muss, endet die Teilzeitregelung vier Wochen nach diesem Termin und man muss wieder zur ursprünglichen Stundenzahl zurückkehren. Ausnahme: Bei pflegebedürftigen Minderjährigen ist auch eine dauerhafte außerhäusliche Versorgung möglich, beispielsweise in einem Heim oder einer Klinik.

Sterbende Angehörige: Freistellung in Teilzeit für bis zu drei Monate, auch ohne Pflegestufe

Wird ein schwer kranker Angehörige absehbar sterben, kann man ebenfalls in Teilzeit gehen, um mehr Zeit für den Todgeweihten zu haben, und zwar bis zu drei Monate lang. In diesem Fall genügt eine ärztliche Bescheinigung, dass das Ende des Angehörigen nah ist. Man muss also keine Pflegestufe mehr beantragen. Außerdem darf der Sterbende auch außerhäuslich versorgt werden, beispielsweise in einem Hospiz.

Im Antrag müssen wichtige Informationen vorhanden sein

Den Teilzeitwunsch muss man rechtzeitig beim Arbeitgeber ankündigen, und dabei die geplante Dauer, die gewünschte Stundenzahl und die Verteilung der Arbeitszeit (Arbeitszeiten/Wochentage) angeben.

Im Normalfall bekommt man die Arbeitszeiten so wie gefordert, denn das Unternehmen darf diese Wünsche nur aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen. Während der Teilzeitphase besteht Kündigungsschutz.

Man muss die gesamte Teilzeitphase am Stück nehmen, Unterbrechungen sind nicht möglich. Auch wenn man die Höchstzeit noch nicht voll ausgenutzt hat, ist der Anspruch also komplett verbraucht.

Wer anfangs nur kurz auf Teilzeit gegangen ist und später bis zur Höchstdauer verlängern möchte, darf das nur mit dem okay des Chefs. Ausnahme: Man muss den Angehörigen unerwartet weiter pflegen, weil die Person ausfällt, die das eigentlich übernehmen sollte. Will man umgekehrt die Teilzeit auf eigenen Wunsch vorzeitig vor dem geplanten Termin beenden, geht das ebenfalls nur, wenn der Arbeitgeber damit einverstanden ist.

Wenn das durch die Teilzeit reduzierte Gehalt nicht reicht, kann man für diese Zeit einen zinslosen Kredit bekommen, den man beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragen kann.

Die weiteren Details hängen von der Größe des Unternehmens ab. In kleineren Unternehmen gelten nämlich nur die Regelungen des Pflegezeitgesetzes, in größeren zusätzlich die des Familienpflegezeitgesetzes. Eine detaillierte Aufstellung der Bedingungen steht zum Download bereit.

Freistellung nach beiden Gesetzen kann man kombinieren

Pflegezeit und Familienpflegezeit dürfen miteinander kombiniert werden. Beschäftigte können also zuerst eine Pflegezeit laut Pflegezeitgesetz beanspruchen, und anschließend eine Familienpflegezeit laut Familienpflegezeitgesetz dranhängen, sofern das Unternehmen entsprechend viele Mitarbeiter hat. Gegebenenfalls muss beides ohne Lücken nahtlos aneinander anschließen, Unterbrechungen sind also nicht erlaubt.

Wenn allerdings auch ein Teilzeitjob neben der Pflege zu viel ist, kann man auch vorübergehend aus dem Job aussteigen. Und auch für die kurzfristige Versorgung im Akutfall gibt es Regelungen.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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