Berlin. Wenn Arbeitgeber und Gewerkschaft des mit Abstand größten Industriezweigs Metall und Elektro einmütig eine Reform einfordern, sollte die Bundesregierung hellhörig werden. Umso mehr, als inzwischen die rot-grünen Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, das schwarze Bayern und das grün-schwarze Baden-Württemberg im Bundesrat dahinterstehen: Ein neuer Steueranreiz soll mehr Forschung und Entwicklung bringen.
Dabei geht es zunächst um kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) mit weniger als 250 Mitarbeitern. Ihre Innovationskraft und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, soll sich der Staat künftig etwa 300 Millionen Euro im Jahr kosten lassen. Das wäre gut angelegtes Geld, wie Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil nun anlässlich der Woche der Industrie vor der Presse in Berlin sagte – er sprach von „vorsorgendem Brandschutz“.
Denn die Forschung in deutschen KMU schwächelt, was angesichts der Herausforderung durch die Digitalisierung (Industrie 4.0) doppelt bedenklich ist.
Die jüngsten Daten dazu sind laut Stephan Weil ein „Warnsignal“: Der Staat müsse hier ein drohendes Strukturproblem bekämpfen.
Auch, weil es für KMU schwierig ist, von den klassischen, recht bürokratischen Förderprogrammen zu profitieren. Das betonte der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann. Nötig sei eine „niedrigschwellige, effiziente und wirksame Förderung“, sagte er. Angesichts der Dynamik, mit der sich ganze Wertschöpfungsketten verändern, gehe es um die Zukunftsfähigkeit von Betrieben, so der Gewerkschafter – und um eine „Stabilisierung von Beschäftigung“.
„Forschungsförderung ist ein Arbeitsplatzmotor“, erklärte dazu Rainer Dulger, Präsident des Arbeitgeberdachverbands Gesamtmetall. Die Initiative aus Hannover – vom Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall übrigens maßgeblich angeschoben – sei überfällig: „Es geht um die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland.“ Auch, weil es in den meisten anderen europäischen Staaten schon längst so eine spezielle steuerliche Förderung für die Betriebe gibt.
Andere Länder haben uns das vorgemacht
Vorbild für die nun angedachte Lösung ist Österreich. Wie gut die Sache dort funktioniert, hat AKTIV bereits beschrieben.
Dem Konzept zufolge sollen bei uns 10 Prozent der KMU-Personalkosten für Forschung und Entwicklung aus der Staatskasse finanziert werden. „Möglichst bürokratiearm“, so Weil, „und sofort kassenwirksam“: Die Subvention könne einfach von der abzuführenden Lohnsteuer abgezogen werden, das stärke die Liquidität der Firmen.
Der Bundesrat hat die Sache schon mehrheitlich befürwortet, nun liegt der Ball bei der Bundesregierung. Und die dürfe sich angesichts der milliardenschweren Steuerüberschüsse nicht knauserig zeigen, forderte Dulger.
Er drängte auf schnelle Umsetzung: „Wenn das wieder in der Schublade verschwindet, würde uns das um Jahre zurückwerfen.“ Auf die Dauer sollte der Kreis der förderfähigen Unternehmen aber noch erweitert werden, so Dulger weiter. Was jetzt auf dem Tisch liegt, sei „ein kluger erster Schritt auf dem Weg zu einer weiter gefassten Forschungsförderung für Unternehmen egal welcher Größe, die wir uns am Ende wünschen“.