München/Köln. Ein Blick auf die Entgeltabrechnung macht klar: Oben steht das Brutto, dann wird dies und das abgezogen, was bleibt, kommt aufs Konto. Für den Betrieb geht die Rechnung andersrum! Gedankliche Basis ist die Bezahlung der geleisteten Arbeit, diese und andere Leistungen addieren sich erst zum Brutto. Dann kommen noch einige Posten dazu, bis sich am Ende die – deutlich höheren – Arbeitskosten pro Stunde ergeben.

„Für viele ist es verblüffend, dass der Arbeitgeber für ihre Arbeit viel mehr bezahlen muss, als bei ihnen selber ankommt“, sagt Christoph Schröder vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). „Aber: Auf jeden 100-Euro-Schein für die tatsächlich geleistete Arbeit muss ein Unternehmen im Schnitt knapp 70 Euro Personalzusatzkosten drauflegen.“ Das ist der aktuelle Stand für die westdeutsche Metall- und Elektroindustrie.

Der Lohn für die tatsächlich gearbeitete Zeit heißt im Fachjargon „Direktentgelt“. Dazu kommen soziale Extras, die gesetzlich oder tariflich vorgegeben sind. So die Bezahlung freier Tage: Hier schlägt der Urlaub zu Buche, ebenso die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Die Entgelte stiegen zuletzt stets stärker als die Produktivität

Fast gleich viel machen die Beiträge der Firma an die Sozialkassen aus (darunter die allein von den Betrieben finanzierte gesetzliche Unfallversicherung). Weitere Posten: Sonderzahlungen wie das Weihnachtsgeld, die nicht von der Leistung abhängen. Und sonstige Ausgaben, etwa für die Betriebsrente.

Da kommt also einiges zusammen. Und so kostet jede Industrie-Arbeitsstunde bei uns deutlich mehr als in vielen anderen Staaten. Auch das rechnet IW-Experte Schröder regelmäßig für mehr als 40 Länder aus (und in Euro um). Sein Fazit: „Gegenüber dem Durchschnitt der fortgeschrittenen Industrieländer hat Westdeutschland um fast ein Viertel höhere Arbeitskosten zu tragen.“

Nun wäre das noch kein Problem, wenn die Beschäftigten so viel produktiver wären, wie sie teurer sind. Aber auch da wird es eng: Die Entgelte stiegen zuletzt stets stärker als die Produktivität. Nun sind aber die Belegschaften der bayerischen Metall- und Elektroindustrie trotzdem kräftig gewachsen – wie passt das zusammen?

Dazu muss man wissen: Arbeitsplätze hierzulande dienen verstärkt auch der Steuerung der Auslandsgeschäfte, das geht rechnerisch zulasten der Produktivität. Zudem ist zu vermuten, dass Betriebe angesichts des sich verschärfenden Fachkräftemangels einerseits Mitarbeiter im Zweifel lieber halten und andererseits häufiger jemanden einstellen, dessen Qualifikation nicht so ganz genau passt. Das alles zeigt sich dann in den „Lohnstückkosten“, in die sowohl die Arbeitskosten als auch die Produktivität einfließen. Auf diese Kennzahl achten Investoren weltweit, wenn es darum geht, wo ein neues Werk gebaut werden soll.

Auch hier vergleicht Schröder international den Stand der Dinge – und er warnt: „Die etablierte ausländische Industrie-Konkurrenz kann mit Lohnstückkosten produzieren, die im Schnitt 11 Prozent unter dem deutschen Niveau liegen.“

Robuste Industrie, gut bezahlte Arbeitsplätze: Bayern geht es gut. Aber Achtung: Die Schwellenländer holen auf, bei Bildung und Infrastruktur. Wie die bayerischen Betriebe darauf reagieren, lesen Sie in diesem Themen-Special. Hier geht’s zur Einführung.

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