Bad Kreuznach. Das Wissen langjähriger Mitarbeiter ist Gold wert. Gehen sie in Rente, verliert das Unternehmen wichtiges Know-how. Wie kann man es also am besten im Betrieb halten und an Jüngere weitergeben?

Diese Frage stellte man sich beim Reifenhersteller Michelin. Jetzt testet der Betrieb in Bad Kreuznach in der Instandhaltung einen neuen Weg der Dokumentation: Statt sich nur mündlich auszutauschen und Berichte zu verfassen, filmen die älteren Mitarbeiter die Kniffe, mit denen sie Anlagen warten und in Ordnung bringen.

Die Filme halten jeden noch so kleinen Arbeitsschritt und wichtige Geräusche fest

Die Kamera wird am Helm befestigt, oder ein Teamkollege dreht. Ein Video zeigt zum Beispiel, wie in einer Maschine eine Walze ausgetauscht wird. Mechatroniker und Anlagenoptimierer Michael Brendel hat eine Schulung genutzt und ist begeistert: „Ich kann aus einem Video viel mehr Informationen und Schlüsse ziehen als aus einem schriftlichen Bericht“, sagt der 26-Jährige. Die Vorteile: Auch sehr routinierte Arbeitsschritte und sogar wichtige Geräusche werden festgehalten.

Werner Nick, Chef einer Instandhaltung, ergänzt: „Dass man eine Schraube beispielsweise oftmals anschlagen muss, bevor man sie löst, ist für viele so selbstverständlich, dass sie es nicht notieren würden.“ In seinem Bereich ist der Altersdurchschnitt der Belegschaft besonders hoch: „In den nächsten drei bis vier Jahren verlassen uns etwa 30 Prozent der älteren Leute“, so Nick.

Die Nachfolger bräuchten circa zwei, drei Jahre, bis sie voll kompetent sind. „Wir haben natürlich ein modernes Dokumentationssystem, das per Notebook und Tablet zugänglich ist“, sagt Nick. Vielen älteren Kollegen falle es jedoch schwer, aufzuschreiben, was sie wie tun. „Wir mussten uns dringend was einfallen lassen, um ihre Erfahrungen nicht zu verlieren“, schildert Nick.

2014 startete Michelin das Projekt zusammen mit der Chemie-Stiftung Sozialpartner-Akademie. Fotos waren zu statisch – so kam die Kamera ins Spiel. 2017 sollen mehr Videos folgen.