Berlin/Freiburg. Einmal im Jahr kommen die Zahlen auf den Tisch: Wenn das Bundesfinanzministerium vorschriftsmäßig über seine langfristigen Verpflichtungen informiert, geht es auch um die Belastungen durch künftige Beamtenpensionen und Beihilfen. Die sind 2017 auf 690 Milliarden Euro gestiegen – 60 Milliarden mehr, als noch im Jahr davor dafür ausgewiesen wurden.

Erstickt Deutschland an seinen Beamtenpensionen? Darüber sprach aktiv mit Professor Bernd Raffelhüschen. „Die Beamten sind jedenfalls ziemlich teuer“, sagt der Leiter des Forschungszentrums Generationenverträge an der Universität Freiburg. Und fügt hinzu: „Wir hätten mehr als die Hälfte von ihnen niemals verbeamten sollen!“

Wer keine hoheitlichen Aufgaben erfülle, wie etwa bei der Polizei, beim Zoll oder in Finanzbehörden, könne auch im Angestelltenverhältnis arbeiten. „Nehmen Sie mich: Warum soll ich als Hochschullehrer Beamter sein? Ich leiste nichts Hoheitlich-Rechtliches“, so der Wirtschaftswissenschaftler. „Es war ein Kardinalfehler, Lehrer und alle möglichen Behördenmitarbeiter zu Beamten zu machen. Und dann haben wir ja auch noch die Versorgungslasten zu tragen für ganz viele Menschen, die mal Post- oder Bahnbeamte waren.“

Kern der Reformen wurde nicht auf Beamte übertragen

Allein für die Altersversorgung ehemaliger Postbeamter muss der Bund in den kommenden Jahren laut Finanzministerium 182 Milliarden Euro aufbringen. Für die ehemaligen Beamten der Bahn werden noch einmal knapp 72 Milliarden Euro fällig.

An diesen Ausgaben ist nicht zu rütteln. Denn für die Beamten gibt es ja keine gesetzliche Rentenversicherung. Raffelhüschen: „Das Alimentationsprinzip, so eine Art Lohnfortzahlung im Altersfall, unterliegt verfassungsrechtlich dem Eigentumsschutz. Die Gestaltungsspielräume sind also fast gleich null bei den jetzigen Pensionären und eng bei den künftigen.“

So wurde bei der gesetzlichen Rentenversicherung gekürzt, durch die Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Die gilt zwar auch für die Beamten. Der Kern der Reform aber, kritisert Raffelhüschen, wurde auf sie nicht übertragen: „Das ist der Nachhaltigkeitsfaktor beim Rentenanstieg, der eingeführt wurde, um die Höhe der Beitragssätze zu begrenzen. Wäre er wirkungsgleich auf die Beamten übertragen worden, dann hätte man die Pensionen kürzen können. Statt diese Chance zu nutzen, hat die Politik einen Riesenfehler gemacht.“

Konkret geht es um eine Entscheidung der Großen Koalition aus dem vergangenen Jahr: „Man hat kürzlich eine ‚doppelte Haltelinie‘ eingeführt. In der Folge sinkt das Rentenniveau nicht unter einen Grenzwert. Was wir allen anderen nicht abverlangen, können wir nun auch von den Beamten nicht mehr fordern“, so der Ökonom.

Schuldenbremse lässt sich so wohl nicht einhalten

Verschärft werde dieses Problem für die öffentlichen Haushalte durch den jüngsten Tarifabschluss. Bis zum Jahr 2020 sollen die Bezüge der Beamten schrittweise um 7,3 Prozent steigen. Raffelhüschen stellt sich in diesem Zusammenhang noch eine weitere Frage: „Ich weiß nicht, wie man da noch die Schuldenbremse einhalten kann.“