Zum 13. Mal zeigt das Energiewende-Monitoring, dass Deutschland und Bayern ihre eigenen Klimaziele verfehlen. Die klimaschädlichen Emissionen sinken nur leicht, der Ausbau der Erneuerbaren hakt. Das wirkt sich auf die Stabilität des Netzes aus und auch auf den Preis, den wir teuer bezahlen.

Das Energiewende-Monitoring entsteht jedes Jahr im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), die Analsyse führt das Beratungsunternehmen Prognos durch. Messgröße für den Erfolg der Energiewende sind die Klimaziele, welche die Bundesregierung sowie die Staatsregierung gesetzt haben. Wichtigstes Ziel ist dabei die Senkung der Treibhausgasemissionen. In Deutschland sollen diese bis 2030 um mindestens 65 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken, bis 2045 will man Treibhausgasneutralität erreichen. Bayern will diese bereits bis 2040 erreichen, jedoch ist die Änderung des Zeithorizonts auf 2045 im Gespräch.

aktiv hat sich einige der zentralen Ergebnisse des Monitorings angeschaut:

1. Umweltverträglichkeit: Treibhausgas-Reduktion in Bayern noch nicht auf Zielpfad

In Deutschland steht die Ampel bei der Entwicklung der Treibhausgasemissionen auf Grün – Bayern dagegen bleibt rot. Warum? Deutschland stößt jährlich weniger schädliches CO2 aus – weil immer mehr Kohlekraftwerke stillgelegt werden. In Bayern dagegen gibt es kaum Kohlekraftwerke, daher müssen Emissionen in anderen Sektoren gesenkt werden.

In anderen Sektoren neben dem Stromerzeugungsmix tut sich in Deutschland und Bayern zu wenig bei der Reduktion der CO2-Emissionen.

Handlungsbedarf besteht vor allem im Verkehrssektor – also mehr E-Autos und Lkws mit alternativen Antrieben, mehr Güterverkehr auf die Schiene, weniger Individualverkehr zugunsten von Bus- und Bahnfahrten. Und bessere Infrastruktur zum Stromtanken.

Auch die Umstellung von Öl- und Gasheizungen auf Elektroheizungen wie Wärmepumpen plus energetischer Sanierung läuft in Bestandsgebäuden äußerst schleppend.

2. Versorgungssicherheit: Immer mehr Eingriffe verteuern Strom

Zur Versorgungssicherheit zählt, ob zum Zeitpunkt des höchsten Stromverbrauchs genügend Leistung bereitsteht – und ob der Strom zu den Verbrauchern transportiert werden kann. Vor allem bei Letzterem hakt es, denn die Netzinfrastruktur wird nicht schnell genug ausgebaut. Das führt dazu, dass Netzbetreiber immer häufiger eingreifen müssen, um Strommengen zu kontrollieren und auszugleichen. Bei Überkapazität legen sie etwa Windräder still, bei hoher Nachfrage kaufen sie beispielsweise Strom aus dem Ausland zu.

Sowohl in Deutschland als auch Bayern steigt die installierte Leistung aus regenerativen Energien, vor allem aus Wind und Sonne. Zusätzliche Gaskraftwerke als Reserve, wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint, fehlen jedoch weiterhin.

Die Eingriffe der Netzbetreiber zur Regulierung erreichten 2023 eine nie da gewesene Häufigkeit. Das verursacht massive Kosten, die den Strompreis verteuern.

Positiv erneut: Der Strom fällt so gut wie nie aus.

3. Energieeffizienz und Erneuerbare: Stromverbrauch sinkt – wegen der Rezession

Beim Ausbau der Erneuerbaren übertreffen Deutschland und Bayern das jährliche Zubauziel von Solarstrom-Anlagen. Beim Aufstellen neuer Windräder hinken beide weit hinterher. Fatal für den Strommix, denn Sonnenstrom ist tagsüber und vor allem im Sommer verfügbar, während Windstrom vorwiegend im Winterhalbjahr und nachts produziert wird.

Der Stromverbrauch ging im Berichtszeitraum 2023 deutlich nach unten. Das ist jedoch kein Grund zur Freude. Denn vor allem die Industrie verbrauchte weniger Strom: Aufgrund der Konjunktur- und Strukturkrise standen Fabriken still – oder energieintensive Produktion wanderte ins Ausland ab.

Bei den privaten Haushalte pendelt sich der Stromverbrauch pro Kopf seit Jahren auf einer Linie ein. Dieser Verbrauch wird laut Studie wieder steigen, wenn mehr Menschen mit E-Autos fahren oder statt Öl und Gas elektrischen Strom zum Heizen nutzen. Das heißt auch: Wir müssen in Zukunft viel mehr Strom als heute produzieren. Es reicht nicht, die Leistung der Kohlekraftwerke, die in Zukunft abgeschaltet werden, eins zu eins zu ersetzen.

4. Bezahlbarkeit: Preis-Ampel steht auf Dunkelrot

Für Privathaushalte verharrt der Strompreis auf einem extrem hohen Niveau. Seit der Energiepreiskrise im Jahr 2022 ist er zwar etwas gesunken, erreicht aber bei Weitem nicht das Vorkrisenniveau.

Problematisch sind vor allem die im internationalen Vergleich extrem hohen Industriestrompreise. Denn dadurch entstehen deutschen Unternehmen höhere Produktionskosten für ihre Waren, was ihre Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten verringert.

Im EU-Vergleich sind die Industriestrompreise hierzulande auf Platz 22 von 27. In den USA und China zahlen Unternehmen noch viel weniger.

Auch Erdgas ist nach wie vor extrem teuer, sowohl für Haushalte, die Gas zum Heizen nutzen, als auch für die Industrie, die es für Prozesswärme und als Rohstoff einsetzt.

Alix Sauer
Leiterin aktiv-Redaktion Bayern

Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.

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