Köln. Deutschlands Häuser haben ein dickes Problem: Viele Heizanlagen sind veraltet. Sie vergeuden Energie und stoßen zu viel klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) aus. „Rund 13 Millionen der gut 21 Millionen Heizungen sind nicht up to date“, berichtet Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) in Köln. „Würden wir die alle durch neue Technik ersetzen und dabei auch erneuerbare Energien nutzen, könnten wir den deutschen Energieverbrauch insgesamt um 15 Prozent verringern.“

Das wäre dringend nötig. Denn die Republik droht, ihre Klimaschutzziele für 2030 zu reißen, gerade auch bei Gebäuden. Die sollen bis dahin 40 Prozent weniger Klimagas ausstoßen als 2014. So steht es im Klimaschutzplan der Bundesregierung. Technisch wäre das machbar, haben Experten des BDH ausgerechnet. Um 47 Millionen Tonnen müsste der CO2-Ausstoß bis dahin sinken. Zwei Drittel davon könnten durch neue Heiz- und Wärmetechnik geschafft werden, ein Drittel müssten bessere Dämmung und neue Fenster beitragen.

Passiert noch zu selten: Austausch eines alten Heizbrenners gegen neue Technik.

Der Haken daran: „Die energetische Modernisierung kommt nur schleppend voran“, sagt Lücke. Um das Ziel zu erreichen, müssten jährlich 1 Million Heizungen erneuert werden. Aktuell tauschen Hausbesitzer aber lediglich rund 600.000 Anlagen pro Jahr aus.

Passiert noch zu selten: Austausch eines alten Heizbrenners gegen neue Technik.

Damit die Sanierungsquote besser wird, haben jetzt 41 Verbände in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel appelliert, 2020 endlich eine steuerliche Förderung für energiesparende Maßnahmen einzuführen. „Die Politik darf damit keine weitere Zeit mehr verlieren“, fordert Holger Lösch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Industriedachverbands BDI.

Steuerliche Förderung von energetischen Sanierungen gefordert

Auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW), das Subventionen prinzipiell kritisch gegenübersteht, setzt auf eine steuerliche Förderung. Ökonom Ralph Henger: „Wenn Eigentümer die Chance haben, Steuern zu sparen und dabei das Klima zu schützen, wird sie das sicher mehr bewegen als die bisherigen komplizierten Förderprogramme.“

Zur Debatte steht, dass 20 bis 30 Prozent der Modernisierungskosten über drei Jahre von der Steuerschuld abgezogen werden können, maximal jedoch 50.000 Euro pro Förderfall. Ein Nachweis, dass die Sanierung den Anforderungen entspricht, könnte über den Energieausweis erfolgen.

Entsprechende Standards sind in der Energieeinsparverordnung (EnEV) geregelt. Ausgehend von diese Standards nutzt die Förderbank KfW verschiedene Niveaus, damit Fördergelder nur in wirkungsvolle Maßnahmen gesteckt werden. Dafür vergleicht man den sanierten Bau mit einem modellhaften Neubau. Verbraucht ein Haus genauso wenig Energie und ist die Heizung ebenso effizient, erfüllt es den Effizienzhaus-100-Standard. Bezogen auf das erreichte Niveau zahlt die KfW Fördergelder. Auch vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) gibt es Zuschüsse, meist für den Einsatz erneuerbarer Energien.

Bei 3.350 Förderprogrammen fällt der Durchblick schwer

Dennoch kommt die Sanierung der 19 Millionen Wohngebäude kaum voran. Statt 2 Prozent – wie nötig – wird nur 1 Prozent von ihnen pro Jahr modernisiert. „Der immense Verwaltungsaufwand, um eine Förderung zu beantragen, schreckt viele Hausbesitzer ab“, erklärt IW-Ökonom Henger. Hinzu kommt ein unübersichtlicher Förder-Dschungel. 3.350 unterschiedliche Programme gibt es aktuell von Bund, Ländern, Landkreisen, Kommunen und Energieversorgern. Da fällt der Durchblick schwer.

Deshalb lohnt sich eine Beratung durch einen Energieexperten immer. Für neue Heizungen ist stets etwas zu holen. Auch für Kessel, die Öl oder Gas nutzen – die hocheffizienten Gasbrennwert-Anlagen etwa, wie sie Vaillant, Viessmann, Buderus, Brötje und Co. herstellen. Diese Geräte wandeln die fossile Energie fast verlustfrei in Wärme um. 492.000 Stück wurden davon letztes Jahr installiert. Eine Alternative ist manchmal eine Wärmepumpe. Davon setzten die Hersteller zuletzt 84.000 Geräte ab.

Auch Smarthome-Technik hilft Energie sparen

Das neue Highlight der Branche ist die Brennstoffzellen-Heizung, die Wasserstoff (aus Erdgas) zum Erzeugen von Wärme und Strom nutzt. Sie gilt derzeit als effizienteste verfügbare Heiztechnik. Und wird massiv gefördert. „2018 wurden erstmals nennenswerte Stückzahlen installiert, 3.500 waren es insgesamt“, berichtet Heizungsverbandschef Lücke. In diesem Jahr rechnet die Branche mit 6.000 Geräten; für die Zukunft erwarten die Hersteller einen deutlichen Anstieg des Absatzes.

Aktuell baut die Branche, die mit 75.000 Mitarbeitern weltweit 15 Milliarden Euro umsetzt, verstärkt auf die intelligente Steuerung von Heizsystemen mit Smarthome-Technik. Wie viel Energie sich einsparen lässt, zeigt eine Untersuchung der Technischen Hochschule Köln: 20 bis 30 Prozent weniger Gasverbrauch sind dadurch drin.

Urteil: Energieausweis muss vor Ort einsehbar sein

Wer eine Wohnung besichtigt, soll dabei den Energieausweis der Immobilie problemlos einsehen können. Der Eigentümer oder auch der Makler muss potenziellen Käufern oder Mietern das Dokument sozusagen vor die Nase halten! Das Landgericht Berlin formulierte es nun so: „Der Interessent muss bei der Besichtigung aktiv auf den Energieausweis gestoßen werden, sei es durch Vorlage, sei es durch Aushang“ (15. 12.21, 101 O 15/20). Der Energieausweis soll helfen, den Energieverbrauch möglichst schnell abzuschätzen. Die Regeln dazu stehen inzwischen im Gebäudeenergiegesetz. Die Ampel-Koalition plant da allerdings Reformen: Künftig soll ein „Ressourcenpass“ nicht nur die Energieeffizienz von Gebäuden anzeigen, sondern auch deren CO2-Bilanz – indem zum Beispiel die Nachhaltigkeit des Baumaterials bewertet wird