Berlin. Der Anteil erneuerbarer Energien am Strommix beträgt mehr als 30 Prozent – im Jahresschnitt. Bei Windstille, Nebel und Kälte aber sinkt er dramatisch. Als kürzlich an einem Werktag 12.000 Windräder stillstanden und 1,2 Millionen Solaranlagen nicht lieferten, waren es unter 10 Prozent.

Nur mit Mühe konnten Kohle-, Gas- und Kernkraftwerke diese „Dunkelflaute“ kompensieren und den Kollaps verhindern: Produktionsausfall in den Betrieben, stillstehende Züge, Zusammenbruch der IT-Infrastruktur.

„Diese Stress-Situation hat gezeigt, dass wir weiterhin flexible konventionelle Kraftwerke brauchen“, sagt Stefan Kapferer, Hauptgeschäftsführer des Energieverbands BDEW. „Die Stromnachfrage muss ja bei jeder Wetterlage gedeckt und das Netz stabil gehalten werden.“

Doch das wird immer schwieriger. In den zurückliegenden fünf Jahren wurden 82 Kraftwerke zur Stilllegung angemeldet. Sie lohnen sich nicht mehr, weil sie infolge der Energiewende immer seltener unter voller Auslastung Strom produzieren dürfen. Ihre Leistungsbereitschaft aber, jederzeit für die Erneuerbaren einzuspringen, wird nicht entsprechend vergütet.

„Die schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen führen dazu, dass etliche konventionelle Kraftwerke vom Netz gehen“, stellt Kapferer fest. „Investitionen in neue Kraftwerke sind bereits zum Erliegen gekommen.“

Für unrealistisch hält er die Erwartung der Bundesregierung, extreme Engpässe würden zu steigenden Preisen an der Strombörse führen und so das Problem lösen: „Die wenigen und nur sporadisch auftretenden Preisspitzen reichen nicht, um die Kosten für den Betrieb zu decken, geschweige denn, Neuinvestitionen anzureizen.“

Damit es bei einer erneuten Dunkelflaute nicht zum Kollaps kommt, schlägt der Energieverband vor, den Betreibern die Flexibilität ihrer Anlagen zu vergüten. „Spätestens nach der Bundestagswahl wird diese Diskussion in die nächste Runde gehen“, so Kapferer. Zumal sich die Situation weiter zuspitzen wird: Das Kernkraftwerk Gundremmingen B wird noch 2017 vom Netz genommen. Und in den kommenden Jahren werden weitere Meiler und auch Braunkohlekraftwerke ausgemustert.

Auf Lieferungen von den Nachbarn in Europa ist kein Verlass

Auch auf Stromlieferungen europäischer Nachbarn, etwa von französischen Kernkraftwerken, kann Deutschland nicht bauen. Selbst während der Dunkelflaute haben hiesige Anlagen über das Verbundnetz noch Strom für den Export produziert – mit Ach und Krach.