Iserlohn. Er könnte es sich zu Hause gemütlich machen. Mit dem Nachbarn an der Eisenbahnanlage basteln, mit seiner Frau wandern oder mit den Enkeln was unternehmen. Stattdessen steht Elmar Claßen mit 67 Jahren jeden Tag bei der Firma Sudhaus in Iserlohn auf der Matte. Claßen ist hier Ausbildungsleiter.

In der Lehrwerkstatt erklärt er den Azubis, welche Schläuche laut Pneumatik-Schaltplan verbunden werden müssen. Zeigt, worauf es beim CNC-Drehen ankommt. Oder wie man es schafft, auf den hundertstel Millimeter genau zu fräsen. „Das macht mir Spaß. Und es ist schön, wenn man zur Arbeit fährt und sich freut“, sagt er.

Engagement für den Fachkräftenachwuchs statt Rente. Gute Mitarbeiter heranziehen ist vor dem Hintergrund des demografischen Wandels für Unternehmen wie Sudhaus wichtig. Der gelernte Werkzeugmacher Claßen, der über 50 Jahre Berufserfahrung hat, betreut seit 28 Jahren die Azubis im Betrieb; im Schnitt sind es 15 junge Leute.

Schlösser und Beschläge sowie Teile für die Auto-Industrie stellt das Unternehmen her. Hightech-Schlösser mit einem komplexen Innenleben sind eine Spezialität. Das erfordert viel Fachwissen.

Als 14-Jähriger hat Elmar Claßen 1963 seine Lehre bei Sudhaus angetreten. Feilen von morgens bis abends, tage-, wochen-, monatelang: „Oft bin ich mit Blasen an den Fingern und heulend nach Hause gekommen.“ Was auf ihn als Lehrling zukommen würde, hatte er nicht gewusst.

Praktikum, Probearbeiten, Reinschnuppern in den Beruf? Fehlanzeige! Doch Claßen hielt durch, wurde Werkzeugmacher – und schließlich Ausbildungsleiter. Seine quälenden Erfahrungen als Lehrling hat er nachfolgenden Generationen erspart.

„Das Schlimmste war, dass wir die Teile für die Schrottkiste gemacht haben“, erinnert er sich. „Heute arbeiten wir an Projekten, die Spaß machen, die jeder mit nach Hause nehmen kann.“ Kleine Druckluftmotoren, Eisenbahnen oder Lkws – „Dinge, die mit Stolz vorzeigbar sind“.

Unter seinen Schützlingen war auch ein Bundessieger

Längst wird auch nicht mehr gefeilt, bis die Blasen kommen. Messtechnik, Anreißen, Bohren, Fräsen, Schleifen, Drehen – das sind die Grundfertigkeiten. Ab dem zweiten Lehrjahr geht es in den Werkzeugbau. Wichtig sei, dass die Jugend intensiv auf die Prüfungen vorbereitet werde, auch mit Zusatzunterricht. Alle Azubis, die er betreut hat, hätten bestanden. Mehrere Landesbeste und ein Bundessieger waren darunter.

Freilich sind nicht alle Azubis Überflieger. Das Verständnis für technische Zusammenhänge habe nachgelassen, mitunter hapert es auch in Mathe und Deutsch. Was Claßen noch mehr stört, ist, dass die jungen Leute „oft einfachste Anstandsregeln nicht kennen“. Dazu gehöre zum Beispiel, dass man in der Werkstatt nicht hemmungslos sein Handy nutzt oder die Maschine sauber hinterlässt.

Claßen bedauert, dass viele Jugendliche die Chancen zur Information nicht nutzen und sich selbst überschätzen. „Sicheres Auftreten bei absoluter Ahnungslosigkeit“, stellt er oft bei Bewerbern fest. Wenn er die jungen Leute dann aber kriegt und sieht, dass sie irgendwann all das umsetzen können, was er ihnen beigebracht hat – dann sei das ein gutes Gefühl.

Das gelte auch für die Jugendlichen aus den vier Partnerschulen des Unternehmens. Hauptschüler und Gymnasiasten konstruieren im Praktikum Solarhubschrauber oder Flaschenöffner. Manchen Azubi hat Claßen da schon rekrutiert – auch das ist ein Erfolgserlebnis, das zum Weitermachen motiviert.

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Durchs Elternhaus. Mein Vater war Schlosser. Zu Hause hat man ein bisschen gewerkelt. Also wurde beschlossen: „Du wirst auch Schlosser.“

Was reizt Sie am meisten?

Dass ich mit jungen Menschen zu tun habe und dass ich ihnen was beibringen kann, fachlich und menschlich.

Worauf kommt es an?

Als Ausbilder muss ich alles, was ich theoretisch erkläre, auch praktisch vormachen können. Das ist ganz wichtig.