Böblingen/Berlin. In der vierten Verhandlungsrunde haben sich die Tarifpartner der Metall- und Elektro-Industrie geeinigt: Die Mitarbeiter erhalten erneut ein deutliches Reallohn-Plus. In Sachen Altersteilzeit und Weiterbildung gibt es neue Regeln, die aber weder zusätzliche Kosten für die Betriebe noch erweiterte Ansprüche mit sich bringen.

Der Pilotabschluss, der in der Folge normalerweise bundesweit übernommen wird, gelang in Böblingen nahe Stuttgart nach einem 16-stündigen Verhandlungsmarathon – erst um 5 Uhr morgens war alles klar. Die Tarifentgelte steigen am 1. April um 3,4 Prozent, im März gibt es außerdem eine Einmalzahlung von 150 Euro.

Abschluss geht „schmerzhaft an die Belastungsgrenze“

Angesichts der sehr niedrigen Inflationsrate ergebe sich damit „das dickste Reallohn-Plus in unserer Industrie seit Jahrzehnten“, sagte Stefan Wolf, Verhandlungsführer des Arbeitgeberverbands Südwestmetall. Für viele Betriebe gehe der Abschluss allerdings „schmerzhaft an die Belastungsgrenze“.

Aufs Kalenderjahr 2015 umgerechnet beträgt das Entgelt-Plus sogar rund 3,6 Prozent – weil schon der letzte Tarifabschluss für dieses Jahr etwas mehr Geld bedeutete. Und als Inflationsrate für das gesamte Jahr 2015 werden inzwischen im Durchschnitt nur noch 0,3 Prozent erwartet – so der jüngste „Consensus Forecast“, für den regelmäßig rund 30 Banken und Forschungsinstitute befragt werden.

IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger meinte zu diesem Reallohn-Anstieg: „Damit ist sichergestellt, dass der derzeit wichtige Konjunkturmotor privater Konsum weiterhin auf Touren bleibt.“

Kehrseite der Medaille ist allerdings eine entsprechend hohe Kostenbelastung der Unternehmen – Geld, das im globalen Wettbewerb erst noch verdient werden muss. „Vor allem für kleine und mittlere Betriebe mit hohem Personalkostenanteil, die weit weg sind von den durchschnittlichen Renditen unserer Industrie, wird dies eine große Herausforderung sein“, stellte Südwestmetall-Verhandlungsführer Wolf klar. Die Tarifvereinbarung gilt bis Ende März 2016.

Tarifliche Altersteilzeit bis Ende 2021 verlängert

Als Erfolg werten es die Arbeitgeber, dass es bei den Themen Altersteilzeit und Weiterbildung weder zusätzliche Kostenbelastungen noch neue Ansprüche gibt. „Hier haben wir mit einer zeitgemäßen und für beide Seiten vertretbaren Lösung unsere Kernziele nahezu vollständig erreicht“, so Wolf.

Der Vertrag zur tariflichen Altersteilzeit (FlexÜ) gilt nun in leicht veränderter Form weiter, bis Ende 2021. Wie bisher können maximal 4 Prozent einer Belegschaft vorzeitig ausscheiden – wobei der Fokus noch stärker als bisher auf den „besonders Belasteten“ liegt. Diese dürfen künftig frühestens mit 58 Jahren in die aktive Phase der Altersteilzeit wechseln und dann frühestens mit 60 Jahren und sechs Monaten aussteigen. Die Aufstockung des Altersteilzeit-Entgelts durch den Betrieb wird zudem neu justiert: Beschäftigte mit wenig Einkommen werden etwas bessergestellt.

Eine Bildungsteilzeit in der von der Gewerkschaft geforderten Form wird es nicht geben. Die regional unterschiedlichen tariflichen Modelle sollen zwar angepasst werden – aber, so betont Rainer Dulger, Präsident des Arbeitgeber-Dachverbands Gesamtmetall: „Es gibt keinen individuellen Anspruch auf bezuschusste persönliche Weiterbildung und erst recht keine erweiterte Mitbestimmung der Betriebsräte.“