Freiburg/Thessaloniki. Ioannis Kiourtides, gebürtiger Grieche, ist Ingenieur mit Leib und Seele. 1985 ging er nach Hamburg, lernte Kfz-Mechaniker, sattelte ein Studium drauf. Heute berät der 50-Jährige beim Arbeitgeberverband Südwestmetall Firmen im Bezirk Freiburg. Dabei begegnet ihm ein Problem jedes Mal – Fachkräftemangel. Daher will er Nachwuchs an der Aristoteles-Universität in Thessaloniki anwerben.

Die im Norden Griechenlands gelegene Hochschule ist mit 74.000 Studierenden die größte landesweit. Zu ihren Schwerpunkten zählen Naturwissenschaften, Engineering, Informatik und Umweltwissenschaften.

Gerade junge Leute sind auf Arbeitssuche

„Meine Mutter wohnt direkt gegenüber“, sagt Kiourtides. Die Studenten seien „fleißig, intelligent und motiviert“. Umso mehr bedauert der Ingenieur die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Die Anzahl der Absolventen übersteige den Arbeitskräftebedarf der griechischen Industrie, besonders die unter 25-Jährigen seien betroffen. In Deutschland dagegen werden solche Leute händeringend gesucht: „Unsere Betriebe klagen über fehlende Fachkräfte.“

Warum also nicht eine Brücke nach Thessaloniki schlagen? Das kam gut an: „Wir begrüßen die Kooperation und freuen uns auf die Kontakte“, sagt Professor Theodore Laopoulos, Vize-Rektor für Forschung und Koordination der Aristoteles-Universität.

Um die Vernetzung von Hochschule und Wirtschaft voranzutreiben, wurde ein Koordinationsbüro eingerichtet. Auf einer Plattform können hiesige Unternehmen nun Praktikumsplätze, offene Stellen oder Stipendien einstellen. Im Gegenzug veröffentlicht das Koordinationsbüro Lebensläufe interessierter griechischer Studierender, zu denen Firmen direkt Kontakt aufnehmen können.

In Kürze will sich die Uni auf einer Fachtagung präsentieren. „Gelingt die Kooperation, könnte ein Teil des Ingenieur-Engpasses behoben werden“, hofft Stephan Wilcken, Geschäftsführer der Bezirksgruppe Freiburg. Ende April 2016 waren bundesweit 380.800 Stellen ausgeschrieben, die einen Hochschulabschluss in Mathe, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik (MINT) erfordern. Längst nicht alle können besetzt werden: Mangels geeigneter Bewerber klafft eine Lücke von 171.400 Personen, so der MINT-Report des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln (IW).

Besonders schlecht ist die Lage in Baden-Württemberg: Im zweiten Quartal 2016 entfielen 23,1 Prozent aller offenen Stellen auf den MINT-Bereich. Ein bedauerlicher Spitzenwert – vor Bayern (20,7 Prozent) und Hamburg (20,4). Der Anteil ausländischer Arbeitnehmer in MINT-Berufen liegt landesweit übrigens bei 11,6 Prozent.

Eine Hürde ist die Sprache. „Sie ist wichtig für die Arbeit und die Integration“, so Kiourtides. Er ist da zuversichtlich: „Die Universität bietet kostenlos Deutschkurse an, und in Thessaloniki gibt es ein Goethe-Institut.“ Zwar sei es nicht so einfach, von einer belebten Metropole in den beschaulichen Schwarzwald zu ziehen. Aber es gäbe günstige Flüge: „Ein Wochenende zu Hause ist also kein Problem.“