Monheim. Elke Maatz rollt die Gläser in Zeitungspapier und verstaut sie in Kisten. Draußen hängt sie die Geranien ab und macht ihr mobiles Einfamilienhaus startklar. Aufbruchstimmung beim Zirkus Proscho. Das neun Meter hohe Zelt ist abgebaut. „Jetzt geht’s los“, sagt die 69-Jährige. Runter von der Schützenwiese im niederrheinischen Monheim und auf zum nächsten Gastspiel.

300 Zirkus-Unternehmen gibt es in Deutschland

Ausgebucht für die nächsten eineinhalb Jahre: Das war nicht immer so. Wie die meisten der rund 300 deutschen Zirkusfamilien hatte auch der Zirkus Proscho schwierige Zeiten.

„Es kamen immer weniger Leute“, sagt Manuela Maatz, die sich hier um Buchhaltung und das Management kümmert. „Die Eintrittsgelder konnten die Ausgaben nicht mehr decken.“ Und die läppern sich: Platzmiete, Benzinkosten für vier Lkws, zwei Busse, fünf Pkws, Wasser- und Stromanschlüsse für elf große Wohnanhänger und, und, und ...
Viel Leidenschaft, ein harter Job und wenig Geld: Das ist das Los vieler Zirkusbetriebe. „Ein Zirkus in Deutschland bekommt keine Subventionen“, sagt Helmut Grosscurth von der Branchenverband European Circus Association, „weil er anders als in Frankreich oder Italien hier nicht als Kulturgut anerkannt ist.“

Ein Zirkus gilt als reiner Wirtschaftsbetrieb. „Immer mehr Familien versuchen sich deshalb im Projektgeschäft“, so Grosscurth.

Umstrukturieren und nach neuen Märkten suchen: Das war auch der Weg beim Familienzirkus Proscho. Die Familie Maatz begann, sich auf die Kooperation mit Schulen zu spezialisieren. Woche für Woche bringt sie Schulkindern Zirkusnummern bei.

Trotz guter Auftragslage muss akribisch kalkuliert werden, wann der Proscho-Konvoi wohin fährt. Die Orte dürfen nicht zu weit auseinanderliegen, damit nicht so viel Benzin verfahren wird. Immerhin findet die Familie Maatz noch geeignete Plätze, wo sie sich niederlassen kann. Ein Riesen-Unternehmen wie Cirkus Krone zum Beispiel hat damit Probleme. „Für uns wird es immer schwieriger, einen geeigneten Ort zu finden“, so Susanne Matzenau von Krone. „Wir nehmen zwischen 20.000 und 30.000 Quadratmeter in Anspruch.“

Denn wenn der nach eigenen Angaben größte Zirkus Europas mit 300 Mitarbeitern anrückt, entsteht eine kleine Stadt mit Kfz-Werkstatt, Schule, Schlosserei und Tierkäfigen. Familie Maatz hat nur Tauben. Tiger und Co. werden einfach bei Bedarf gemietet, zum Beispiel für das lukrative Weihnachtsgeschäft.

„Ein Zirkus kann sich lange Winterpausen gar nicht mehr leisten“, sagt Grosscurth. Familie Maatz gibt ihre Weihnachtsvorstellungen alljährlich in Passau. Manuela Maatz: „Hier haben wir dann eineinhalb Monate Pause von ständigen Ortswechseln.“